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 Hallo Isar-Schalker und Gäste!
nuvoletta Offline




Beiträge: 64

08.11.2007 18:08
RE: Die Isar-Schalker in Mailand (Reisebericht) Antworten

Tutta la vita azzurrebianco....

Eine kleine Erinnerung an den Nikolaustag in Mailand 2005



Montag, 05.12.2005

Ca. 12.15 Uhr: Anscheinend hat mein Meldestellenleiter extra wegen mir den Nikolaus schon für Montag bestellt. Schließlich weiß er seit Monaten, dass ich mich Mittags nach dem Parteiverkehr in Richtung Mailand verabschieden werde und am Dienstag deswegen nicht an Bord bin. Meine Kollegen und ich bekommen also die Leviten gelesen und anschließend jeder einen Schokoniko überreicht. Unter Zeitdruck, weil ich ja zum Zug muß, gelingt es mir trotzdem einigermaßen die Ruhe zu bewahren. Aber ich trete nervös von einem Fuß auf den anderen.

Ein paar Straßen von meiner Behörde entfernt habe ich in der Früh mein Auto geparkt und dort muß ich noch meine Siebensachen aus dem Kofferraum holen, mit denen ich dann in Windeseile zur U-Bahn spurte. Sofern man mit einem kleinen Koffer, einer Kühltasche, einer vollbeladenen Flaschentasche und einem kleinen Rucksack in der Lage ist, zu spurten.

Aller widrigen Umstände zum Trotz erreiche ich rechtzeitig den Hauptbahnhof, wo einer meiner mitreisenden Isar-Schalker, Andy, schon am Gleis wartet. Er hat zwar einen riesengroßen, schweren Reisekoffer dabei, aber keine Zahnbürste. Die hat er vergessen und besorgt sich schnell noch eine bei Schlecker um die Ecke. Nachdem er wieder zurück ist, stellt sich auch Thorsten ein und unser Zug wird bereitgestellt. Andy und ich richten uns schon mal häuslich in unserem Abteil ein und dekorieren es blau-weiß, während Thorsten noch am Gleis auf den vierten im Bunde, Andreas, wartet. Nachdem der ebenfalls aufgetaucht ist, kann die Reise beginnen.....

13.30 Uhr: Milan, Milan, wir fahren nach Milan.....

Andy hat am vergangenen Wochenende seinen 30. Geburtstag gefeiert und von den Partyrestbeständen reichlich Verpflegung dabei, inklusive 19 Flaschen Becks. Was übrigens auch den großen, schweren Koffer erklärt, der neben diversen Kleidungsstücken und Reiseutensilien eine kleine Kühltruhe beherbergt. Zusammen mit meinen 12 Diebels Alt und den hausgemachten Frikadellen meiner Mutter gestalten uns seine Mitbringsel die Fahrt recht kurzweilig. Bis Verona kenne ich in der Gegend wohl jeden Baum und jeden Strauch und jeden Weinberg. Nur daß ich gewöhnlich die Autobahn nebenan benutze.

Andy’s langjährige Freundin, die er uns irgendwann schon mal in unserem Vereinslokal vorgestellt hat, ist zwar eine Rote, aber ihre Mutter backt wunderbaren Kuchen. Darauf eine Runde Jägermeister....

Auf der Höhe von Brescia genehmigen wir uns noch mal eine Runde. Es bleiben uns genau drei Diebels Alt für die Rückfahrt übrig und noch ungefähr der halbe Jägermeister. Ansonsten Flasche leer, um einen berühmten, in Ehren ergrauten Milan-Spieler zu zitieren. Bin stolz auf meine Jungs. Denen ich inzwischen beigebracht habe, „Blau und Weiß ein Leben lang“ auf Italienisch zu singen.

„Azzurrebianco, tutta la vita azzurrebianco.....“

Die leeren Flaschen entsorgen wir bei unserer Ankunft am Milano Centrale ehe wir uns per Taxi zum Hotel begeben. Unterwegs zum Taxistand begegnen uns schon die ersten blau-weißen Schals, deren Besitzer einen etwas desorientierten Eindruck machen. Irgendwie wissen sie nicht genau, wohin sie sollen. Wir können ihnen leider auch nur bedingt helfen. Andy ist der Einzige von uns, der schon mal in Mailand war, im Mai '97, und Andreas hat einen Stadtplan im Gepäck.

Im Taxi bemühe ich mich um eine Konversation mit dem Fahrer in seiner Landessprache, um gleich einer eventuellen teuren Stadtrundfahrt zum Hotel vorzubeugen, aber eine solche Art der Abzocke hatte der für meinen Begriff ohnehin nicht vor. Er erinnert mich ein bisschen an seinen Kollegen, der mich im Sommerurlaub immer durch „mein“ Cattolica und rauf nach Gradara fährt. Sein Taxameter startet bei 6,10 Euro, über den Grundpreis lässt sich vielleicht meckern, aber er endet bei 13,00 Euro.

Im Antares Hotel Concorde in der Viale Monza 132, einem komfortablen Vier-Sterne-Schuppen, erwartet uns schon die Nachricht eines weiteren Isar-Schalkers, Markus, der bereits Nachmittags mit dem Flugzeug angekommen ist. Anscheinend hat er von einem Portier ein gediegenes Speiserestaurant empfohlen bekommen, das sich drei U-Bahn-Stationen entfernt befindet. Dort sollen wir ihn abholen. Nach der üblichen Eincheckprozedur und einem Kurzfrischgemacht auf dem Zimmer begeben wir uns also zur U-Bahn.

Sind wir so dämlich oder tun wir nur so? Jedenfalls bekommen wir aus keinem der zur Verfügung stehenden Automaten ein Ticket für die Metro. Wir lassen den Cursor von „Italiano“ auf „Tedesco“ springen, dann erscheint die Anzeige „Deutsch“, aber das war’s dann auch schon. Wenn wir Enter drücken springt die Anzeige wieder zurück auf „Italiano“. In seinem Kabäuschen sitzt zu vorgerückter Stunde eine schon etwas in die Jahre gekommene Ausgabe von Doug Heffernan's Kumpel Spence. Ein offenbar stressgeplagter und von seinem Tagwerk entnervter Bediensteter der Azienda Trasporti Milanesi, der glaubhaft versichert, kein Wort Deutsch oder Englisch zu sprechen. Mein Italienisch ist wiederum nicht gut genug, ihn zu bewegen, uns die Tücken der vermaledeiten Automaten zu erklären. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, entscheiden wir uns für Schwarzfahren in Mailand. Verspricht schließlich einen gewissen Nervenkitzel und wollten wir schon immer mal ausprobieren. Dabei hätte die örtliche Verkehrsgesellschaft, kurz ATM genannt, unser Geld sicher gut gebrauchen können. Wie wir spätestens bei Einfahrt des Zuges feststellen. Ich erinnere mich dunkel daran, dass ich mit einer ähnlichen Kiste mal kurz nach der Wende durch Dresden gefahren bin und kann dabei nicht einmal ganz ausschließen, dass ich mich jetzt in genau derselben befinde. Jedenfalls habe ich die genauso quittegelb in Erinnerung.

Nach einer kurzen Suche finden wir das Ristorante und treffen am Eingang auf einen satten und zufriedenen Markus, der uns etwas von einem Szene-Kneipen-Viertel am anderen Ende der Stadt erzählt. Wo man anscheinend unbedingt mal gewesen sein muß, wenn man schon was von Mailand zuhause erzählen will. Meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Ein Absacker in dem Ristorante oder an der Hotel-Bar wäre mir eigentlich genug. Aber na gut, dann also weiter ohne Ticket quer durch Mailand. Denn natürlich haben an der Haltestelle die Automaten genauso ihre Arbeit eingestellt und selbstverständlich erweckt der ATM-Bedienstete in seinem Kabäuschen den selben Eindruck wie sein Kollege vorhin und wir fragen ihn erst gar nicht lange, sondern gehen gleich an ihm vorbei zu den Gleisen runter. Inzwischen haben wir ja gelernt, wie mühelos das geht.

Während wir auf die nächste U-Bahn warten, die aber wohl nur noch im Zwanzig-Minuten-Takt verkehrt, bewegt sich der Zeiger der Uhr, die sich in meinem Blickfeld befindet, gemütlich auf elf zu. Abends, wohlgemerkt. Eine Tageszeit, wo ich mich auch in einer Metro in Berlin oder Hamburg allmählich auf weniger vertrauenserweckende Mitreisende einstelle und auf der Hut bin. Umso mehr wenn ich noch nie zuvor in einer Stadt gewesen bin und die Landessprache nun mal letzten Endes doch nicht meine Muttersprache ist. Egal, wie gut oder schlecht ich sie beherrsche. Aber immerhin hab ich schon Leipzig nachts überlebt und werde also auch Mailand nachts überleben. Ein blechern klingendes Schifferklavier sorgt während den ungefähr zehn Stationen für Unterhaltung und untermalt gleichzeitig eine Szenerie, an der so mancher Krimi-Regisseur lange feilen müßte.

Am anderen Ende der Stadt, fragt mich bitte keiner mehr, wie der Ortsteil heißt, kramen Markus und Andreas ihre Reiseführer aus und Andy seine in dieser Hinsicht spärlichen Erinnerungen an den Mai '97. Offenbar war er schon mal in dieser Gegend und in irgendeiner Kneipe, aber ganz sicher ist er sich nicht mehr. Unvermutet schallen uns plötzlich laute Schalker Gesänge aus einer Pinte entgegen, die von meinen Kollegen allerdings verschmäht werden. Mehr oder weniger achtlos gehen sie daran vorbei, abgesehen von einem kurzen Mitsingen des Liedgutes. Für mich bleiben diese Gesänge das einzig Heimelige in der nächsten halben Stunde. Da bin ich dann schon versucht, Markus seinen Reiseführer in die krumme Lanke zu schmeissen, an der wir gerade vorbeilatschen. Als wir endlich eine Straße erreichen, in der sich Pizzeria an Bar und Ristorante an Pub reiht. Offenbar das Ziel unserer Suche. Nur die eine bewusste Kneipe, nach der Markus und Andy Ausschau halten, lässt sich nicht auftreiben. Aber damit der lange Weg nicht umsonst war, beehren wir eben eine andere mit unserem Besuch.

Nach kurzem Studium der Getränkekarte entscheide ich mich für ein Pint of Guinness für 5 Euro. In meinem Stammpub in der Giselastraße zahle ich normalerweise auch schon 4 Euro, also erscheint mir das ein halbwegs reelles Preis- Leistungsverhältnis zu sein. Auch wenn ich mich mit Markus über die Ausmaße eines Pintglases kabbeln muß. Andy neben mir zieht ein oder zweimal an seinem Strohhalm und sein vergleichsweise teurer Cocktail, drei fuffzich oder so, besteht nur noch aus Eiswürfeln. Während mir mein Guinness für den Rest des Abends reicht, müssen die Cocktailtrinker mehrmals nachordern. Markus hat die Faxen schließlich dicke und bestellt sich ein Birra Grande.

Der Barmann lässt sich im Vorbeigehen an unserem Tisch beim Anblick meines Schals mehrmals zu einem „Forza Schalke“ hinreissen. Seine Kollegin, die uns umsorgt, ist eine niedliche Kleine und ihre Freundinnen, die sie später besuchen kommen, sind fast noch berückender. Für meinen Geschmack vielleicht alle ein bisschen sehr dünn, aber eben auch mit dieser fast schon serienmässig zu nennenden Haarpracht ausgestattet. Und vermutlich darfst Du nicht zu tief in ihre dunklen Augen blicken, wenn Du schon seit Deiner Jugend ein Faible für südländische Frauen hast.

Allerdings habe ich inzwischen auch meinen sogenannten „toten Punkt“. Die Jungs unterhalten sich über irgendwelche Kurven, keine weiblichen, und Messwerte in der Physik, schon zu Schulzeiten nicht unbedingt mein Spezialgebiet. Also ziehe ich das in meinen Ohren lieblich klingende Geschnatter unserer Kellnerin und deren Freundinnen vor. Jedenfalls dann, wenn die nicht gerade zum Rauchen vor die Tür gehen müssen, weil ja inzwischen in Italien quasi überall öffentliches Rauchverbot herrscht.

Markus schlägt vor, mit der Straßenbahn zurück Richtung Hotel zu fahren. Aber darauf hab ich nun wirklich keinen Bock mehr. Es stellt sich zwar als etwas schwierig dar, ein Taxi für fünf Fahrgäste aufzutreiben, zeigt sich aber letzten Endes doch nicht unmöglich.

Im Hotel hab ich komischerweise meinen „toten Punkt“ wieder überwunden und nippe sogar noch ein wenig an dem Rotwein, den Markus im Lauf des Nachmittags erstanden hat und den wir jetzt in dem Zimmer köpfen, das er sich mit Andreas teilt. Gewöhnlich vermeide ich es, Bier und Wein zu mischen, egal in welcher Reihenfolge. Aber nachdem ich das Etikett auf der Flasche studiert habe, bin ich neugierig. Ein Wein aus Ligurien, die Rebsorte habe ich aber inzwischen vergessen.

Nach einem angeregten Gespräch über Schalke und den Rest der Fussballwelt, trennen wir uns gegen halb fünf Uhr morgens und ich sinke wie ein Stein in mein Bett. Zwei Lampen sind noch an, aber ich habe einfach keinen Nerv mehr, die dazu passenden Schalter herauszufinden....

Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04

nuvoletta Offline




Beiträge: 64

08.11.2007 18:09
#2 RE: Die Isar-Schalker in Mailand (Reisebericht) Antworten

Dienstag, 06.12.2005

Frisch geduscht und rasiert stehe ich gegen halb zehn Uhr morgens vor dem zweiten Bett in meinem Zimmer. Auf dem ich vor dem Schlafengehen noch meine Sachen verteilt habe, die ich heute unbedingt brauche. Und die ich um Himmels Willen nicht vergessen will.

Meine Brieftasche, mein Geldbeutel, die Eintrittskarte, mein Glücksschwein, Handschuhe, eine Auswahl von Schals, darunter einen vom AC Torino. Der bleibt allerdings auf dem Zimmer. Genauso wie der Schalke/Milan-Schal vom SFCV und mein Schalke/Nürnberg-Seidenschal. Es bleibt noch die Auswahl zwischen meinem Schalke/Nürnberg-Balkenschal und dem blau-weißen, den mir meine Schwester vor fast dreißig Jahren gestrickt hat. Mein allererster Schalke-Schal, den ich überhaupt jemals hatte und der mich zuletzt vor zwei Jahren nach Kaiserslautern begleitet hat. Ein paar Wochen zuvor war er in Kopenhagen dabei.

Ich kann nicht genau sagen, warum, aber ich entscheide mich letztlich für den Schalke/Nürnberg-Schal. Den habe ich mir übrigens bei meinem ersten Spiel in der Arena zugelegt, Schalke vs. Nürnberg, im April 2002.

Meine Kutte ist nicht mit nach Mailand gekommen. Sie liegt in meinem Auto um die Ecke von meiner Dienststelle. Bis dahin hat sie es immerhin geschafft und noch kurz hatte ich überlegt, sie unterm Mantel anzuziehen, es dann aber doch bleiben lassen. Vielleicht ist das im Nachhinein gesehen, der Fehler gewesen....

Unter meinem blauen Kapuzenpulli trage ich das T-Shirt mit unseren „Heiligen“, Kuzorra, Libuda, Fischer und Thon.

„Jede Generation hat ihre Helden, aber alle haben die gleiche Leidenschaft.“

Warum fehlt eigentlich schon wieder Berni Klodt? Wie schon auf dem 100-Schalker-Jahre-Shirt. Immerhin der letzte Schalker Mannschaftskapitän, der diese verdammte Meisterschale in den Himmel strecken durfte.

Irgendetwas fehlt mir, als ich im Mantel meine Zimmertür öffne. Ach ja, mein Fotoapparat. Der befindet sich noch im Rucksack. Ich stecke ihn in meine linke Manteltasche und schließe hinter mir die Zimmertür. Als ich die noch mit dem Schlüssel zusperren will, macht mich die Zimmerfrau, die grade nebenan zugange ist, darauf aufmerksam, dass ich das nicht müsse. Die Tür schließt automatisch. Aha!

Zwei Etagen tiefer, im dritten Stock, klopfe ich an der Tür von Markus und Andreas. Die sind beide auch schon aufbruchbereit und wir verlassen gemeinsam das Hotel. Im Gegensatz zu mir tragen sie noch ganz normale Straßenkleidung. Nichts, dass auch nur im entferntesten nach Schalke aussieht.

Tagsüber macht die Stadt einen wesentlich sympathischeren Eindruck auf mich. Geschäftiges Treiben, Obstgeschäft reiht sich an Marcelleria. Italienisches Stimmengewirr, das ich so liebe, in meinen Ohren die melodischste Sprache der Welt. Auf dem Weg zur U-Bahn begegnet uns eine Cafeteria, wo wir uns ein Frühstück genehmigen. Bei mir besteht das aus einem Capuccino. Die beiden anderen gönnen sich noch jeweils ein süßes Teilchen dazu.

Markus erzählt mir von einem kleinen Laden, den er am Vortag entdeckt hat und wo ich ganz bestimmt eine gute Salami finde. Die bilde ich mir nämlich ein, wenn ich schon mal in der Stadt bin, eine echte Mailänder Salami. Als Gaumenschmaus für die bevorstehenden Feiertage. Zusätzlich finde ich in diesem Laden noch Kekse von meiner Lieblingssorte, die ich mir sonst immer in Cattolica mitnehme. Tenerezze Mulino Bianco von Barilla. Gibt’s in insgesamt fünf leckeren Sorten. Ich bevorzuge 'Café Crema' oder 'Cacao Crema'. Passen beide wunderbar zu Espresso. Oder auch zu Rotwein.

Ihren biblischen Vornamen gemäß wollen Markus und Andreas die Zeit für eine Sightseeing Tour nutzen, die vornehmlich aus religiösen Sehenswürdigkeiten besteht. Nicht unbedingt mein Ding, aber ich habe jetzt auch noch nichts Besseres vor, also schließe ich mich ihnen an.

Als erstes steht der Cimitero Monumentale auf dem Programm. Ein Friedhof mit überdimensionalen Grabmälern. Leider habe ich vergessen, welche zwei, drei historischen Persönlichkeiten dort alle ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

Im U-Bahn-Geschoss hat jetzt der Kiosk auf, der neben Zeitungen und dem üblichen Krimskrams auch Tickets für die Metro verkauft. 3,00 Euro für ein 24-Stunden-Ticket. Mit der nächstbesten quittegelben Kiste schaukeln wir wie schon am Vorabend einmal quer durch die Stadt. Irgendwo müssen wir in eine andere Linie umsteigen. Dann noch mal ein Stück zu Fuß und schließlich noch mit der Tram. Auch quittegelb. Auch schon ihre besseren Tage hinter sich.

Wir steigen direkt vor dem Cimitero Monumentale aus und stehen vor einer verschlossenen Pforte. Wegen der überdurchschnittlich hohen Schneefälle in der letzten Woche bleibt der Friedhof bis auf weiteres geschlossen. So informiert uns zumindest sinngemäß der in der herrschenden Amtssprache verfasste Text auf der Tafel an der verschlossenen Pforte. Die beiden Jungs machen trotzdem noch jeder ein paar Erinnerungsfotos, ehe wir uns an einem kleinen Maulwurfshaufen aus Schnee vorbei zurück Richtung Haltestelle begeben.

Ich weiß nicht mehr wer, aber einer der beiden Jungs meint, wir könnten auch ein Stückchen zu Fuß gehen. Warum nicht? Reiseführer befiel, wir folgen Dir. Auf zum Castello Sforzesco.

Nachdem wir eine Weile spaziert sind, erreichen wir wieder eine Straßenbahnhaltestelle und weil grade wieder so ein quittegelbes Dingen um die Ecke biegt, legen wir damit den Rest des Wegs zurück. Ein mäßig begabter Virtuose unterhält uns während der Fahrt auf seiner alten zerbeulten Fidel, der, wenn ich es richtig gesehen habe, auch eine Saite fehlt. Zumindest hört sie sich so an.

Das Schloß derer von Sforza befindet sich im Nordwesten der Altstadt. Gerade als unsere Straßenbahn zum Stehen kommt, überquert ein ganzer Pulk Blau-Weiße das Gleis und erinnert mich wieder daran, warum ich eigentlich hier bin.

An diversen Souvenirständen wehen bunte Fahnen und hängen Schals aller möglichen italienischen Fussballvereine. Ich fühle mich magisch angezogen und lasse meine beiden Begleiter das Schloß alleine besichtigen. Währenddessen inspiziere ich die Stände. Ein paar Blau-Weiße decken sich gerade mit dem Erinnerungsschal vom heutigen Spiel ein. Mein Blick fällt auf ein weißes Tuch mit der italienischen Landkarte, auf der die Embleme sämtlicher Profivereine der ersten vier Ligen eingezeichnet sind. Die der Serie A ein klein wenig größer als die anderen. Im Geiste sehe ich dieses faszinierende Stück Stoff schon als Banner bei mir zuhause hängen, streune aber erst noch eine Weile um den Stand, ob ich noch was Interessantes finde. Vielleicht einen Aufnäher oder eine voll geile Anstecknaddel von Torino. Sowas suche ich schon ewig.

„Torino non c’e“, aber eine Anstecknadel von Fiorentina. Auch nicht schlecht. Die nehme ich. Dazu zweimal das Tuch mit der Landkarte und einen ganzen Pack Postkarten mit dem Stadio Giuseppe Meazza. Einmal von außen und einmal von innen aufgenommen, dem heutigen Anlaß entsprechend naturalmente die rot-schwarze Edition. Nicht die schwarz-blaue.

Die Blau-Weißen haben sich inzwischen verflüchtigt und ich gehe über die Straße zum nächsten Stand. Der hat ungefähr das selbe Sortiment, aber seine Auswahl an Anstecknadeln ist größer. Ich entdecke sogar etwas so ausgefallenes wie Piacenza und Reggiana sowie einen Anti-Juve-Anstecker. Mehrmals kreisen meine Blicke von oben nach unten und von unten nach oben bis der Besitzer aus seiner Bude herauskommt und mich fragt, was ich eigentlich suche. Gemeinsam schauen wir dann also noch mal über das Bord mit den Ansteckern und er erspäht einen Anti-Granata-Anstecker. Nein, den suche ich nicht. Ich bin für die Granata, erkläre ich ihm. Nix Milan, nix Inter, nix Juve, nix Roma. Forza Granata. Magico Toro.

Er schaut nochmal über sein Sortiment, ist wohl auch schon versucht „Torino non c’e“ zu sagen. Da erspäht er ihn. So ganz neu ist der Anstecker zwar nicht mehr und der Stier erscheint auf den ersten Blick etwas kopflos. Aber irgendwie macht mir das nix aus. Während ich die verlangten zwei fuffzich berappe, sehe ich Andreas und Markus die Ampel überqueren.

Auf zur nächsten Sehenswürdigkeit.....

„Il Cenacolo Vinciano“, Leonardo da Vinci’s berühmtes Fresco „Das letzte Abendmahl“. Zu besichtigen in der Chiesa Maria delle Grazie. Allerdings nur nach Vorbestellung wie meine beiden etwas enttäuschten Begleiter am Infoschalter erklärt bekommen. 6,10 Euro hätte der Eintritt gekostet und man hätte mindestens eine Woche vorher reservieren müssen. Mir genügt ohnehin eine der Postkarten, die neben anderen Souvenirs auf einem kleinen Campingtisch liegen, der vor einem Minivan aufgebaut ist. Über die Straße erspähe ich eine Cartolleria, wo ich mir noch weitere Ansichtskarten von Mailand besorge. Eine mit der Scala drauf, eine mit dem Porträt von Giuseppe Verdi und noch so diverse mit Mailand auf einem Blick.

So, und jetzt habe ich aber auch die Nase voll von Sehenswürdigkeiten. Sehr viel mehr als Duomo und Scala hatte ich sowieso von Haus aus nicht vorgehabt. Ausserdem ist es inzwischen weit nach zwölf Uhr und was zum Essen wäre recht.....

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nuvoletta Offline




Beiträge: 64

08.11.2007 18:10
#3 RE: Die Isar-Schalker in Mailand (Reisebericht) Antworten

Beim Mittagessen beschliesse ich, mich von Markus und Andreas zu trennen. Ich empfinde absolut nicht den geringsten Ehrgeiz, Mailand in einem Tag kennenzulernen. Sondern halte es für sinnvoller, allmählich zum Hotel zurückzukehren, um dort meine Plastiktüten mit den diversen Einkäufen loszuwerden.

Während wir unsere Pizza verspeisen, erkläre ich das den beiden. Vielleicht in einem schrofferen Ton, als ich das eigentlich beabsichtige. Tut mir im Nachhinein leid, wenn das der Fall war. Aber mich hat’s schon als kleiner Junge genervt, als meine Eltern mich durch Pisa schleiften. Der Venedig-Ausflug Anfang der Neunziger mit meiner damaligen Freundin verlief auch nicht wirklich glücklich, war möglicherweise sogar der Anfang vom Ende unserer Beziehung.

Die Pizza schmeckt übrigens lecker. Dicker Boden, dicker Belag und extra Käseschicht. Dazu ein Birra a la Spina, ein Bier vom Faß, und anschließend ein Corretto con Grappa. Espresso mit Seelentröster. Die etwas längere Wartezeit auf einen freien Tisch im Ristorante hat sich gelohnt. Ungefähr zehn Euro sind auch sicher nicht zuviel bezahlt.

Vor der Tür zeigen mir Markus und Andreas mit Hilfe ihrer Reiseführer, wie ich wohl am besten zur nächsten Metro-Station komme und von da zur Station Torre, wo unser Hotel in der Nähe ist. Ein Stück die Straße runter, um die Ecke gerate ich prompt auf einen kleinen Wochenmarkt. Der in mir augenblicklich wehmütige Erinnerungen an Berlin weckt. Der Tag nach dem Pokalfinale.

Manu, die „Hauptfrau von Steglitz“, Wolfgang, mein Berliner Schnarchbär, Jens und Paule. Eine Truppe, die offenbar der Wind zusammengetragen hatte. Pokalfinale oder nicht, selten zuvor hab ich soviel Spaß auf einer Tour gehabt.

Eine große Uhr zeigt mir, dass es noch nicht einmal zwei ist. Also streife ich ein bisschen über diesen Wochenmarkt. An einem Stand gibt es verführerisch aussehendes Porchetta, gegrilltes Schweinefleisch, dessen Zubereitung mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Aber eigentlich bin ich von der Pizza pappsatt. Also schlendere ich weiter. Hier und da gibt es eine Scheibe Salami zu probieren und ich bediene mich. Schmeckt gut, aber ich habe ja meine schon gekauft.

Kaum ist der Markt zu Ende, begegnen mir schon die ersten Schalker. Ein Stück weiter die nächste Gruppe und ich beginne zu ahnen, dass die Piazza Duomo ganz in der Nähe sein muß. Meine Ahnung bestätigt sich. Mit der U-Bahn fahre ich kurz darauf an der Station vorbei. Passenderweise ist das auch gleich die Linie, die mich nach Torre führt.

Die Viale Monza ist im U-Bahn-Geschoss ausgeschildert und unvermutet steht mir an der Ampel auf einmal eine vertraute Gestalt gegenüber. Christoph, ein Isar-Schalker. Einer der drei, die jetzt gerade mit dem Flugzeug angekommen sein müssen und wohl gerade im Hotel eingecheckt haben.

Wir begrüßen uns freudig und er erklärt mir, dass Thomas und Wolfgang im Ristorante an der Ecke sitzen, wo ich auch hinkommen soll, wenn ich meine Tüten im Hotel abgeliefert habe. So mach ich das auch, bestelle mir im Ristorante ein Bierchen bis die anderen mit ihrem Essen fertig sind und wir begeben uns gemeinsam zum Dom.

Im Lauf des Tages habe ich dieses imposante Bauwerk schon auf Postkarten und in Miniatur gesehen. Aber nur einen ungefähren Eindruck von dem bekommen, was mich jetzt hier erwartet. Beeindruckend!

Die Piazza ist längst fest in Schalker Hand. Die Bilder aus meinem „Wie der Pott in den Pott kam“-Buch werden lebendig. Ein blau-weißer Engel schwebt über die Treppe vor dem Dom. Blau-weiße Fahnen soweit das Auge reicht. Unser Liedgut rauf und runter. Genauso wie ich mir das immer vorgestellt habe, auch wenn es im Mai 97 sicherlich noch einige Tausend Blau-Weiße mehr waren. Und die Feier wohl noch orgiastischer.

Andererseits wiederum weiß ich nicht, wie das auf dieser Piazza an Silvester zugeht. Werden dort auch Feuerwerkskörper gezündet? Vor einer Kirche? Im katholischen Italien? Wenn ja, sollte man sich vielleicht trotzdem zumindest als Gast in Zurückhaltung üben. Wenn noch kein Silvester ist, sondern erst Nikolaus.

Genau als der Rauchbombennebel am dichtesten ist, flitzt eine ältere Dame mit ihren Einkaufstaschen an mir vorbei, so schnell sie noch dazu in der Lage ist. Sie wirft mir einen genervten Blick zu, den ich nur mit einem schuldbewussten Lächeln erwidern kann.

Möglicherweise wird sich im nächsten Sommer eine betagte Gelsenkirchenerin vor feiernden Italienern in Sicherheit flüchten, die unsere Innenstadt verpesten. Das wäre natürlich genauso wenig in Ordnung.

Aber irgendwann sollte irgendeiner irgendwo mal mit Rücksicht auf die Zivilbevölkerung anfangen und sicher wäre nicht nur ich stolz, wenn das ein Schalker wäre.

Wenn wir den Milanisti zeigen, wer der Herr in ihrem San Siro ist, ist das eine ganz andere Frage. Aber manche Menschen wollen einfach nur wie an jedem anderen Tag in ihrer City einkaufen gehen. Um diese Jahreszeit vielleicht sogar Weihnachtsgeschenke.

Nicht in dieser epischen Breite, aber so ungefähr in zwei, drei Sätzen posamentiere ich meine Meinung auch einem Kollegen aus dem offiziellen Forum auseinander. Der mir stolz seine Kracher zeigt, die er in der Hosentasche spazieren trägt. Naja, ich war auch mal jung und übermütig.

Im Lauf des Nachmittags erspähe ich noch zwei, drei andere vertraute Gesichter aus dem offiziellen Forum. Nach Dennis und Robert halte ich aber vergeblich Ausschau. Wir hätten vielleicht doch Handy-Nummern austauschen sollen. Auch Miki alias Lisa lässt sich in der Menge nicht ausfindig machen.

Mit Wolfgang zusammen drehe ich eine Runde durch den Dom. Die anderen Isar-Schalker, inzwischen in vollständiger Mailand-Stärke, begeben sich nach oben, um die Aussicht zu geniessen. Als es bereits dämmert, dämmert es mir auch, daß ja die Scala gleich irgendwo um die Ecke sein muß. Neben dem Stadio Giuseppe Meazza die einzige Sehenswürdigkeit, die mich wirklich reizt. Wenn ich schon mal in der Stadt bin. Zu gerne würde ich sie auch von innen besichtigen, aber sie ist leider geschlossen. Die nächste Aufführung ist erst am anderen Tag, „Idomineo“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Das habe ich bereits zuhause im Internet recherchiert. Bei Verdi oder Puccini hätte ich mich nur schwer zurückhalten können, noch einen weiteren Tag dranzuhängen.

Weil wir noch Zeit haben, und der Eine oder Andere noch Hunger, suchen wir uns eine gemütliche Bar. „Wir“ das sind Wolfgang, Christoph, Thomas und ich. Andy und Thorsten nehmen mit dem Burger King vorlieb, während Markus und Andreas im Hotel die Klamotten wechseln. Als „Wir“ den Preis für ein Glas Bier in unserer Bar realisieren, schwant uns, dass „Wir“ besser auch mit dem Burger King vorlieb genommen hätten. Acht Euro Fünfzig ! Für ungefähr eine Halbe ! Eventuell auch nur null vier, wenn der Zapfer einen etwas tieferen Sinn für Humor und für dieses Zahlenspiel hat. Die Pizza, die ich mir mit Wolfgang teile, schmeckt nicht einmal halb so gut, wie die vom Mittag und die Toilette schlägt schließlich dem Faß die Krone ins Gesicht. Wenn sie irgendwann mal zu dem gediegenen Ambiente des Lokals gepasst hat, jetzt sieht sie aus, als gehörte sie zu irgendeiner Pinte auf St. Pauli.

Treffpunkt für alle Isar-Schalker ist wieder der Dom. Dort sind wir inzwischen zu zehnt, weil Andy und Thorsten Bekannte getroffen haben. Es ist 19.30 Uhr. Zeit uns auf den Weg zu machen zur „L’Opera del Calcio“, Stadio Giuseppe Meazza, San Siro.....

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nuvoletta Offline




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08.11.2007 18:11
#4 RE: Die Isar-Schalker in Mailand (Reisebericht) Antworten

Von Nebelschwaden umzogen ragt es stolz und majestätisch in den Nachthimmel. Ich bin weiß Gott schon viel rumgekommen in Sachen Fussball aber das hier übertrifft alles, was ich jemals gesehen habe bei weitem. In der Gewissheit, für das Miterleben eines Uefa-Cup-Sieges acht Jahre zu spät zu sein, in der Ahnung, daß die Meisterschale in den Händen meiner Schalker ewig ein schöner Traum für mich bleiben wird, kann dieser Abend die Erfüllung meiner Fankarriere bedeuten. Neben einem verlorenen Pokalfinale.

Überraschenderweise gibt es vor dem Stadion neben zahllosen Fanartikel-Ständen doch auch einige Verpflegungsstationen. Waren wir doch davon ausgegangen, dass der teure Gerstensaft für 8,50 Euro vorhin die letzte Erfrischung bis nach dem Schlusspfiff sein würde.

Ein fliegender Händler verkauft für 5,00 Euro pro Stück den Erinnerungsschal für das heutige Spiel. Weil ich ja den vom SFCV schon besitze, habe ich am Nachmittag an diesem Stand gezögert. Jetzt greife ich aber zu. Kalt genug für zwei Schals ist es immerhin, wenn auch nicht so kalt, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Also kommt der neue Schal unter den alten.

Wir genehmigen uns jeder noch ein Bierchen, dann reihen wir uns am Eingang zu unserem Block ein. Fröhliche Schalker überall. Der „Oppa Pritschikowski“ wird besungen, „Blau und Weiß ein Leben lang“. „Roda, Trabzon, Brügge....“ darf an einem solchen Abend natürlich auch nicht fehlen und ein gewisser Verein aus der Nähe von Lüdenscheid wird einmal mehr in die Nähe des Rotlichtmillieus gerückt.

Natürlich, möchte man fast sagen, bleibt es nicht aus, dass wir uns in dem Gedränge aus den Augen verlieren. Christoph und Markus bleiben in meiner Nähe, die anderen sind mit einem mal aus unserem Blickfeld verschwunden. Dafür lernen wir ein paar Schalker aus Südtirol kennen, aus Bozen, wenn ich mich recht erinnere.

Als wir unsere Plätze erreichen, sind diese bereits besetzt und nirgends ein bekanntes Gesicht zu sehen. Wir entdecken ein paar nicht ganz so dicht besetzte Reihen weiter oben, wo wir auch unter Dach sind und nicht Gefahr laufen, vom Oberrang aus beworfen zu werden. Dafür sieht man jetzt aber nicht mehr das ganze Spielfeld und auch die gegnerische Kurve nicht mehr. Also doch nicht wirklich das wahre. Schließlich kaufe ich seit Jahren quasi jedes „Super-Tifo“das mir in die Hände fällt, um mich an den abgedruckten Choreos zu ergötzen, und heute steht uns anerkanntermaßen eine der beeindruckendsten Fankurven Europas, wenn nicht der Welt, gegenüber. Deshalb gehe ich mit Christoph wieder vier, fünf Stufen nach unten. Vorbei an unseren verloren geglaubten Isar-Schalkern. Links neben mir steht Andreas, der Rest befindet sich zwei Reihen hinter uns. Die Sicht ist jetzt auch perfekt.

„Brigatte Rossonere“, „Fossa Dei Leoni”, “Commandos Tigre”, alle sind sie da. Wer immer die rot-schwarze Bandiera mit der Aufschrift “Torino” angebracht hat, stellt offenbar sozusagen ein Pendant zu uns Isar-Schalker dar. “Emilia Romagna”, das ist die Region zu der Cattolica gehört. „San Fiorano” liegt dafür ganz in der Nähe von Mailand und dort wohnte vor siebzehn, achtzehn Jahren eine sehr nette Urlaubsbekanntschaft, die ich in ihrem Heimatort sogar einmal besucht habe. Dieses Stück Stoff weckt in mir längst verblaßte Erinnerungen an ausgedehnte Strandspaziergänge mit einer reizenden jungen Dame, gefolgt von einem längeren Briefwechsel. Keine Ahnung, was aus ihr geworden ist. Heute könnte ihr heranwachsender Sohn in der Kurve gegenüber stehen. Oder wenigstens ihr jüngerer Bruder, der, wenn ich mich recht erinnere, damals zehn oder zwölf war.

Die guturalen Gesänge der Milanisti verbreiten ungefähr den Flair eines bevorstehenden Comanchenangriffs und werden aus unserer Kurve mit einem launigen „Lutscher! Lutscher! Lutscher!“ quittiert. Gefolgt von einem derben italienischen Fluch, bei dem ich mir ziemlich sicher bin, dass gut die Hälfte der Rufer gar nicht so genau weiß, was er eigentlich bedeutet. Aber egal ! Hauptsache die Anderen wissen, wer heute der Chef ist und schreiben sich den Namen „Schalke Zero Quattro“ hinter ihre Ohren.

Die Mannschaften machen sich warm, verlassen das Feld. Die Aufstellungen werden verlesen. Der ausziehbare blaue Spielertunnel wird unterhalb unserer Kurve bereit gestellt. Auf dem Rasen wird das Logo der Champions League drapiert und die vertraute Hymne ertönt. Unaufhaltsam bewegen sich während all dem die Zeiger der Uhr auf dreiviertel Neun zu. Auf zwei über uns hängenden Bildschirmen lässt sich das Versammeln der Mannschaften vor dem Spielertunnel verfolgen und als sie einlaufen, erstrahlt unsere Kurve im Schein mehrerer Bengalos die ein blau-weißes Fahnenmeer umrahmen. Drüben bleibt’s dagegen dunkel. Zwar werden Fahnen geschwenkt und es ertönt irgendein Singsang, aber weiter tut sich nichts. Nicht einmal Papierschlangen oder auch nur der Ansatz einer Choreografie. Komisch !

Die zweimal 45 Minuten plus Nachspielzeit laufen jeweils wie ein Film vor meinen Augen ab, kommentiert von Christoph zu meiner Rechten. Der übrigens als Reporter beim Bayerischen Rundfunk arbeitet.

Das Hinspiel in unserer Arena habe ich noch ein wenig rasanter in Erinnerung. Spannend ist das hier aber auch, abgesehen vom lange fehlenden „Salz in der Suppe“. Das wird uns bekanntlich erst kurz vor der Halbzeit serviert, dann aber gleich richtig. Während wir nach Pirlo’s 0:1 noch trotzig unsere Jungs anfeuern und jeden Anflug von Resignation zu vermeiden suchen, sorgt Goldköpfchen Poulsen schon für den Ausgleich. Jaaaa! „Der S04 ist wieder da!“

Christoph spendiert mir einen Pausenkaffee, während auf den Bildschirmen die Halbzeitstände der anderen Spiele präsentiert werden. Sch.... ade aber auch! PSV führt gegen Fener.

In Kopenhagen und in Berlin verspürte ich jeweils spätestens in der zweiten Halbzeit eine gewisse Ekstase und hatte teilweise Pippi inne Augen. Beides will sich heute bei mir nicht einstellen. Bin ich mir sicher, dass uns heute nichts Schlimmes passieren kann? Oder habe ich nicht schon bei der Auslosung geahnt, dass am Nikolaustag ein Kaka zweimal mehr oder weniger unbehelligt zum Schuß kommen wird, frei nach dem Motto, „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit....“?

Im Gegensatz zu Christoph verspüre ich nach dem 1:3 das sichere Gefühl, dass die Messe hier gelesen ist und daran ändert auch der Anschlusstreffer von „Mr. President“ Licoln nichts. Eher hege ich noch eine leichte Hoffnung auf den Ausgleich von Fener im anderen Spiel. Aber auch die erweist sich als trügerisch, 2:0 für PSV.

Aus! Ende! Das war’s! Das Abenteuer Champions League ist für uns vorbei. Mit dem FC Barcelona wird das nix in der Rückrunde. Vielleicht höchstens mit seinem Lokalrivalen Espanyol. Oder es verschlägt uns wieder in ferne, unbekannte Galaxien, die nie zuvor ein Schalker je betreten hat. Und es eigentlich auch gar nicht wollte.

Nach dem Schlusspfiff gibt es noch einige Tumulte auf dem Rasen und wir sehen einen unserer Spieler im hohen Bogen am Mittelkreis fliegen und unsanft auf seinem Rücken landen. Ich kann nicht genau erkennen, wer es ist und wer ihn geschubst hat.

In einem Anflug von Wut und Enttäuschung lasse ich mich zu einem „Merda Milan“ hinreissen. „Scheiß Italiener“ wie es aus unserer Kurve ertönt, erscheint mir zu heftig. Dafür liebe ich Italien zu sehr. Mal abgesehen davon, dass nicht unbedingt ein Italiener der Übeltäter sein muß. Milan hat ja auch genügend Legionäre in seinen Reihen.

Wie lange genau wir in unserem Block festgehalten werden, kann ich nicht sagen. Das Warten stört mich auch nicht weiter, angesichts der Überlegung, dass ich so schnell nicht mehr in dieses Stadion zurück kehren werde. So lange habe ich mich auf diesen Abend gefreut und jetzt will ich ihn noch ein wenig geniessen, trotz allem. „Königsblauer S04“ und „Zeig mir den Platz in der Kurve“ geben dieser Situation auch etwas Stimmungsvolles. Die Mannschaft kommt leider nicht noch einmal zu uns zurück.

Einigen Schalkern wird’s mit der Zeit offenbar zu kalt, denn sie entfachen ein gemütliches Feuerchen. Irgendein Interisti wird vielleicht am Sonntag beim Derby gegen Milan seine gewohnte Sitzschale vermissen. Die Ordnungshüter begegnen uns zwar mit argwöhnischen Blicken, lassen ansonsten aber den Dingen ihren Lauf. Umso lächerlicher erscheint es, als sie später vereinzelt den Versuch unternehmen, uns beim Verlassen der Kurve zu hindern. Nachdem die Polizei einen Teil der Ausgänge frei gegeben hat, zu denen wir alle strömen.

Draußen werfe ich noch mal einen Blick auf das Stadion, das seinen Teil zu einem unvergesslichen, wenn auch nicht erfolgreichen, Abend beigetragen hat.

Arrivederci San Siro ! Wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja doch irgendwann noch einmal wieder….


by nuvoletta

Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04

Andy ( gelöscht )
Beiträge:

08.11.2007 18:32
#5 RE: Die Isar-Schalker in Mailand (Reisebericht) Antworten

Hey Walter, auf dich kann mich sich halt verlassen

Kaum ist das Forum eröffnet hast du die ersten Postings drin. Ich glaube wir eröffnen Dir zu Ehren ein eigenes Unterforum


Es war schön mal wieder mit dir zu feiern!

Gruß Andy

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