Die Geschichte des ersten offiziellen Länderspiels einer Deutschen Fussball-Nationalmannschaft
"Verzweifelt starrte der 18jährige Primaner in die wogende Menge, doch der Mann mit der Fahrkarte war nirgendwo zu entdecken. Im letzten Moment, als der Schaffner schon die Pfeife zum Mund führte, um das Signal zur Abfahrt zu geben, kam ein schweißtriefender älterer Herr auf den Bahnsteig gehastet.
'Sind Sie das Beckerchen?', fragte er atemlos. Er war es.
Fritz Becker, Halblinker der Frankfurter Kickers und auserwählt, beim ersten offiziellen Länderspiel in der noch jungen Geschichte des DFB die Farben Deutschlands zu tragen.
Wenigstens die vereinbarte Übergabe der Fahrkarte für den Zug von Berlin nach Basel mit Halt in Frankfurt hatte geklappt. Vorher war so gut wie alles schief gegangen, und der Schüler an der Oberrealschule Frankfurt hatte seine Zweifel, ob der Ärger, den ihn sein Freizeitvergnügen einhandelte, das alles wert sei. Ein paar Tage vor der großen Reise in die Schweiz hatte man ihn noch erwischt, als er an einer 'öffentlichen Schaustellung' teilnahm. Becker hatte, ohne Genehmigung des Direktors, Sport getrieben. Vom klassischen Ideal des 'Mens sana in Corpore sano' - ein gesunder Geist in einem gesunden Körper - hatte ihn der Oberlehrer zum hundertsten Male einzubleuen versucht, sei Fritz Becker weit entfernt, 'wenn Sie inmitten eines Haufens von Rohlingen mit den Beinen gegen einen Ball treten.' Drei Stunden Karzer waren die Strafe....
Von seiner Nominierung hatte der Bub durch eine versteckte Notiz in der Zeitung erfahren. Ein Brief vom DFB folgte drei Tage vor dem Spiel...." (Ludger Schulze, aus dem Buch "100 Jahre DFB - Die Geschichte des Deutschen Fussball-Bundes", Sportverlag Berlin 1999, Seite 141)
Basel, Sonntag, den 5. April 1908, kurz vor 15 Uhr:
Manch einem von ihnen mag die historische Tragweite dieses Ereignisses Zeit seines Lebens nicht bewußt geworden sein. Elf junge Männer sind auserwählt, die Farben Deutschlands im ersten offiziellen Fussball-Länder-Wettkampf zu vertreten.
Der ersten elf Männer - Die besten ihres Landes....
Der Deutsche Fussball-Bund ist vor etwas mehr als acht Jahren gegründet worden und Gottfried Hinze vom Duisburger Spielverein 08 führt im dritten Jahr den Vorsitz. Sein Vorgänger Friedrich Wilhelm Nohe vom Karlsruher FV hatte nur ein Jahr amtiert, Dr. Ferdinand Hueppe vom DFC Prag davor vier Jahre.
Einen Auswahl-Trainer stellt der DFB nicht zur Verfügung (Reichstrainer Otto Nerz wird seine Tätigkeit erst rund zwanzig Jahre später aufnehmen). Dafür hält der Spielausschuß-Vorsitzende Hugo Kubaseck aus Hamburg vor Spielbeginn eine Art Anstandsunterricht ab. Von Taktik spricht er nicht ein einziges Wort.
Immerhin macht Jemand ein Foto von den ersten elf Männern. Um es der Nachwelt zu erhalten. Sie tragen schwarze Blusen mit langen weißen Ärmeln, auf der Brust prangt der Reichsadler. Dazu schwarze Hosen und schwarze Stutzen. Die Arme vor der Brust oder hinter dem Rücken verschränkt, manch einer läßt sie auch lässig herabbaumeln, stehen sie auf dem Landhof in Basel, unweit der Tramhaltestellen Bad. Bahnhof und Riehenstrasse. Vier von ihnen tragen Oberlippenbart, die anderen sind glattrasiert. Ganz links steht Betreuer Dettinger, rechts hinten verdeckt DFB-Vertreter Wilhelm Behm, ganz rechts der Spielausschuß-Vorsitzende Kubaseck. Im Hintergrund sieht man die gut besuchte Zuschauer-Tribüne.
Der Eintritt kostet 3,00 Franken auf der Tribüne, 2,00 Franken auf dem I. Platz und 1,00 Franken auf dem II. Platz. Das offizielle Programm, herausgegeben von der Schweizer Fussball-Association, kostet 20 Cts.
Fritz Becker, der Primaner, wird sechs Minuten nach dem Anpfiff, also vielleicht eine Viertelstunde nachdem das Foto entsteht, das erste Tor in diesem Spiel schiessen.
Das erste Tor für Deutschland....
Im Juni 1954 wird in Basel eine Deutsche Fussballnationalmannschaft mit 3:8 gegen Ungarn verlieren. Zwei Wochen später trägt eine begeisterte Menschenmenge die Helden von Bern vom Platz....
Zwei weitere Male wird Deutschland Fussball-Weltmeister, dreimal auch Europameister....
Insgesamt zwölf Mal wird Deutschland im Finale einer Welt- oder Europameisterschaft stehen....
Zweimal wird Deutschland Gastgeber einer Fussball-Weltmeisterschaft sein, einmal eine Europameisterschaft austragen....
Fritz Becker denkt vielleicht an die unmittelbar bevorstehende Olympiade in London bei der erstmals Nationalteams in seiner Sportart zum Wettstreit antreten und keine Vereinsmannschaften wie bisher. 1936 und 1972 wird in deutschen Fussballstadien um die Gold-, Silber- und Bronzemedaille gespielt. 1988 wird in Seoul eine Deutsche Fussballnationalmannschaft Bronze gewinnen. Sogar olympisches Gold gibt es, aber das in einer Zeit, in der es zwei Deutsche Staaten und zwei Fussballverbände gibt....
All das können sich die wilhelminisch geprägten jungen Männer noch gar nicht ausdenken....
Die ersten elf Männer....
Wer waren sie ? Woher kamen sie ?
Das ist ihre Geschichte....
[ Editiert von nuvoletta am 21.11.07 1:26 ]
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
Fritz Baumgarten vom Berliner Fußball-Club Germania 1888
*21. Dezember 1886 in Berlin
frühere Vereine: Tennis Borussia Berlin
spätere Vereine: SC Schlesien Breslau, Berliner Thor und Fußball-Club (BTuFC) Britannia 1892
einziges Länderspiel am 5. 4. 1908 gegen die Schweiz
"Nach unendlich langweiligem Antreten der Größe nach marschierten wir unter Absingen zahlreicher Lieder in einer kleinen und staubigen Turnhalle so lange umher, daß danach für Übungen an Geräten kaum Zeit blieb...."
Soweit die Erinnerungen des späteren Arztes Fritz Baumgarten an seinen Turnunterricht, der zweimal wöchentlich, jeweils eine Stunde am Gymnasium Zum Grauen Kloster stattfand. Das seinerzeit als berühmte humanistische Anstalt galt und an der Turnvater Jahn einst gelehrt hatte.
Aber auf die Übungen an den Geräten können die Pennäler ohnehin verzichten. Sie treffen sich lieber auf einem Spielplatz hinter dem Gymnasium und treten dort leidenschaftlich gegen den Ball. So leidenschaftlich, daß dabei einmal eine Fensterscheibe zu Bruch geht und sie sich ein anderes Terrain aussuchen müssen. Fortan treffen sie sich auf dem dürftig umzäunten Bauplatz eines original Berliner Maurermeisters, dessen Worte "Wat, mit die Eierpflaume wollt ihr Fussball spielen?" überliefert sind. Eingezäunte Spielplätze sind vor heute fast hundert Jahren eine Rarität in der Hauptstadt. Zumeist wird sich auf Exerzierplätzen getroffen, bevorzugt auf dem ausgedehnten Tempelhofer Paradefeld. Wo Sonntags die Berliner sich zum Picknicken treffen und der Nachwuchs sich die Zeit mit "Topfschlagen" und "Blindekuh" vertreibt.
Die Brüderpaare Leo und Jaques Karp sowie Erich und Walter Lutzenberger sind Mannschaftsgefährten in der Jugendzeit von Fritz Baumgarten, der, so weit es seine Zeit erlaubt, sich von seinen Schulbüchern zu lösen, das Tor von Tennis Borussia Berlin hütet. Ebenso der spätere DFB-Präsident Peco Bauwens in seinen jungen Jahren.
Von TeBe, immer beheimatet in Charlottenburg, wechselt Fritz Baumgarten irgendwann zur Germania in den Stadtteil Tempelhof.
Den Berliner Fußball-Club Germania 1888 gibt es heute noch. Er gilt als ältester noch erhaltener Fussballclub des DFB, gehört auch zu seinen Gründervereinen und spielt auf dem rund 1000 Zuschauer fassenden Sportplatz an der Götzstraße in der Berliner Bezirksliga um Punkte. Seine Vereinsfarben sind Schwarz-Rot-Weiß, wie man es bei seinem Namen auch vermuten möchte. Seine größten Erfolge verbuchte er allerdings unter den Vorläufern des DFB, dem "Bund Deutscher Fußballspieler" (BDF) sowie dem "Deutschen Fußball- und Cricket Bund" (DFuCB). Seine ersten Spiele trug er auf einem Gelände aus, das heute zum Flughafen Tempelhof gehört. 1890 sowie 1891 wurde der Verein Berliner Meister unter der Regie des BDF. Unter der Regie des DFuCB noch viermal Berliner Vizemeister. Im Prinzip kann die Germania für sich auch in Anspruch nehmen, der erste Deutsche Meister gewesen zu sein. Aber 1890 gibt es eben noch keinen DFB und der zählt seine Meister erst ab dem Titelgewinn des VfB Leipzig im Jahre 1903. Über die Jahrzehnte hinweg gab es immer wieder einmal den Versuch, an alte Erfolge anzuknüpfen. Zuletzt setzte die Germania zwischen 2000 und 2003 zum Höhenflug an und spielte kurze Zeit sogar fünftklassig in der Verbandsliga. Heute fristet man in der 7. Liga wieder ein beschauliches Dasein. Singt aber vielleicht trotzdem immer noch fröhlich das alte Vereinslied, "Wie der Aar mit kühnen Schwingen auf zu Wolkenhöhen zieht. Steig empor mit mächt'gem Klingen, stolz und frei Germanenlied...."
Aber kommen wir zurück zu Fritz Baumgarten, der das "Germanenlied" sicher oft und gerne gesungen hat. Drei Jahre vor dem ersten Länderspiel hatte der fußballverrückte deutsche Kronprinz Friedrich Karl von Preußen einen wertvollen Pokal gestiftet, nachdem die Germania den englischen Amateurclub "Civil Service London" mit 3:2 bezwungen hatte. Einen weiteren Pokal stiftete der Großherzog von Oldenburg nach einem 12:1 gegen Bremen und einem 7:2 gegen Oldenburg.
Nun steht der angehende Abiturient Fritz Baumgarten wie ein begossener Pudel im Gewitterregen von Basel und muß fünfmal den Ball aus dem Netz holen.
"Ich hätte mir gewünscht, daß mein Mathematikprofessor meine Leistugen in diesem Länderspiel ebenso freundlich und nachsichtig beurteilt hätte, wie die Berliner Sportreporter.", ist sein Kommentar, als er die Worte "Der Torwart genügte." liest.
Neben der Fahrkarte spendiert der DFB 20 Mark Spesen für drei Tage Unterkunft und Verpflegung. Der Zufall will es, daß ein früherer Spieler des Berliner SC, und ein Bekannter von Fritz Baumgarten, jetzt in Basel lebt und so kann der frischgebackene Nationaltorhüter sich das Geld für zuhause sparen. Sein unerlaubtes Fehlen in der Schule bleibt unbemerkt, ausserdem kann er froh sein, daß offenbar keiner seiner Lehrkräfte eine einschlägige Zeitung zu Gesicht bekommt.
Bereits zwei Wochen nach dem Abenteuer in Basel ruft der DFB zum zweiten Mal zu einem Länderspiel auf. Diesmal sogar in Fritzens Heimatstadt Berlin, der Gegner soll England sein. Aber Fritz Baumgarten wird nicht mehr eingeladen. Nie mehr....
Wie die meisten anderen aus der legendären Basel-Elf auch nicht....
Gegen England steht ein anderer "Spree-Athener" im Tor. Paul Eichelmann vom BTuFC Union 1892, dem Deutschen Meister 1905, ein Vorläufer des späteren Bundesligisten Blau-Weiß 90 Berlin.
Fritz Baumgarten absolviert nach bestandenem Abitur sein Medizinstudium. Es verschlägt ihn nach Breslau, wo er sich dem schlesischen Abonemment-Meister SC Schlesien Breslau anschließt, der lange Jahre regelmäßig in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft anzutreffen ist.
Als er nach Berlin zurück kehrt, beschließt er seine fussballerische Laufbahn bei der Britania.
Über sein weiteres Leben ist nichts bekannt. Nicht einmal das Jahr seines Todes.
[ Editiert von nuvoletta am 21.11.07 20:29 ]
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
Arthur Hiller, genannt Hiller II vom 1. FC Pforzheim
*3. Oktober 1881
4 Länderspiele zwischen 1908 und 1909
Nürnberg, 1. FCN-Platz an der Ziegelgasse, 27. Mai 1906: Im bislang dritten Deutschen Meisterschaftsfinale stehen sich vor 2 200 Zuschauern der VfB Leipzig und der 1. FC Pforzheim gegenüber. Die Sachsen gewinnen mit 2:1 (1:1) ihren zweiten Titel gegen den Süddeutschen Meister. In dessen Reihen unter anderem die Gebrüder Hiller stehen.
Wilhelm, der ältere der beiden Brüder, kommt zu keinen Nationalmannschaftsehren. Deswegen sucht man einen Hiller I in jeder Auflistung der Auswahlspieler des DFB vergeblich.
Dafür wird seinem jüngeren Bruder Arthur sogar die Ehre zu Teil, die Deutsche Nationalmannschaft in ihrem allerersten Länderspiel aufs Feld zu führen.
Seine Freunde und Mannschaftskameraden nennen ihn "Ille" und vielleicht weil er so aufgeregt ist, passiert ihm bei der Seitenwahl gleich ein peinlicher Faux pas. Er hält den in Genf lebenden, eigentlich aus England stammenden, Schiedsrichter H. P. Devitte für einen Festredner. Weil der im blauen Straßenanzug und mit steifem Hut erscheint. Aber im Spiel macht er seine Sache ganz ordentlich und beweist, warum man ihn für die Mannschaftsführung auserkoren hat. Von Statur eher klein, stecken in dem Leichtgewicht Ausdauer, Ehrgeiz, Energie und wohl auch angeborener Fussballsachverstand. Der geschickte Kämpfer, dessen Kopfballspiel gefürchtet ist, tritt die Rückreise von Basel mit dem Bewustsein an, bei diesem nassen Aprilwetter einer der Besseren in der deutschen Mannschaft gewesen zu sein.
Darum wird er auch zwei Wochen später vom DFB nach Berlin eingeladen. Als einer von vieren, die auch schon in Basel dabei waren. Englands Amateure sind am 20. April vor 6000 Zuschauern auf dem Viktoriaplatz in Mariendorf der erwartet schwere Gegner und Deutschland unterliegt mit 1:5 (1:3). Ein Spiel, das in der Auflistung der Länderspiele der Football Association, des englischen Fussballverbandes, fehlt, wie auch die nächsten drei Spiele gegen Deutschland. Weil eben jeweils nur die Amateure antreten. Die spielen den Ball aber auch schon mit der Innen- oder Außenseite des Fußes und nicht wie die Deutschen mit der Stiefelspitze.
Am 7. Juni 1908 geht die Reise nach Wien. Dort sind es nur noch drei aus der Elf von Basel. Der Mannschaftskapitän, der jetzt ja auch schon einen vergleichsweise reichen Erfahrungsschatz in Sachen Länderspielreisen hat, wird seitens des DFB gebeten, möglichst früh in der K. u. K. - Hauptstadt einzutreffen, um die größten Teils noch unerfahrenen Mannschaftskameraden instruieren zu können. Ausgerechnet auf einen der anderen beiden Baseler Veteranen, Hans Weymar von Victoria Hamburg, müssen alle anderen bis eine Stunde vor Spielbeginn warten, ehe der endlich eintrifft. Deutschland geht vor 5000 Zuschauern in der 6. Minute durch Hermann Garrn von Victoria Hamburg in Führung, muß aber schon eine Minute später einen Elfmeter hinnehmen, der zum Ausgleich führt. Adolf Jäger, dessen Stammverein FC Altona 93 später einmal seine Kampfbahn nach ihm benennen wird - Adolf-Jäger-Kampfbahn, Griegstraße, Hamburg - sorgt in der 28. Minute für die erneute Führung. Aber die Gastgeber schiessen noch vor der Pause zwei weitere Tore und gehen schließlich als Sieger vom Platz.
Am 13. März 1909 verliert eine seekranke deutsche Auswahl ihr viertes Länderspiel in Oxford mit 0:9 gegen eine englische Amateur-Auswahl. Die namentlich überhaupt nicht identisch ist, mit der aus dem Spiel in Berlin. Von der Elf aus Basel ist in diesem Spiel nur noch Willy Baumgärtner übrig geblieben, auf den wir später noch ausführlich zurück kommen werden. Arthur Hiller ist nicht dabei.
Am 4. April 1909 spielen gleich zwei deutsche Nationalmannschaften, eine in Budapest gegen Ungarn. Die andere, zu der Arthur Hiller gehört, empfängt in Karlsruhe eine Auswahl der Schweiz. Von den Eidgenossen hat kein Einziger ein Jahr zuvor in Basel gespielt. Während die Auswahl in Budapest ein 3:3-Unentschieden erreicht, sorgt Eugen Kipp von den Sportfreunden Stuttgart in Karlsruhe in der 38. Minute "aus vier Metern Entfernung an Torwart Ochsner vorbei zum 1:0 Endstand". Und damit für den lange ersehnten ersten Sieg einer deutschen Nationalmannschaft. In der Statistik des DFB werden diese beiden Spiele am gleichen Tag als Nummern 5 und 6 in der Reihenfolge gezählt.
Mit dem Auftritt in Karlsruhe endet die Nationalmannschaftskarriere von Arthur Hiller. Aus seinem Privatleben, welchem Beruf er zum Beispiel nachging, ist nichts verzeichnet.
Er stirbt am 14. August 1941, woran ist nicht bekannt. Am selben Tag verkünden US-Präsident Roosevelt und der britische Ministerpräsident Churchill die " Atlantik-Charta" mit Prinzipien für eine Nachkriegsordnung.
Soweit es die Quellen hergeben, ist er seiner Heimatstadt und seinem 'Club' aus Pforzheim offenbar immer treu geblieben.
Sein elf Jahre jüngerer Neffe Marius Hiller (*5. August 1892), der sowohl beim 1. FC Pforzheim, als auch in der Deutschen Nationalmannschaft als Hiller III geführt wird, erweist sich dafür als Wanderer zwischen den Welten. Zu dessen Karriere gehören nämlich auch Auftritte in der argentinischen Nationalmannschaft. Aus irgendeinem Grund bekommt er dort den Beinamen Eduardo und er pendelt immer wieder zwischen Pforzheim und Buenos Aires hin und her. Ehe er am 25. November 1964 unter dem Geleit von Tausenden auf dem deutschen Friedhof Chacarita in Buenos Aires zu Grabe getragen wird. Ob Marius Hiller der Sohn von Wilhelm Hiller ist, oder ob Wilhelm und Arthur, theoretisch denkbar, noch einen anderen Bruder gehabt haben, von dem wiederum Marius abstammt, ergeben die Quellen nicht einwandfrei.
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
"Der Abwehrspieler, der für die Sportfreunde Leipzig auflief, hat von 1908 bis 1912 insgesamt 11 Spiele für die Nationalmannschaft absolviert. Dabei gehörte er der ersten deutschen Fußball-Nationalmannschaft an, die 1908 gegen die Schweiz spielte." Soweit die Beschreibung, die man bei Wikipedia.de findet.
Im Buch "Deutschlands Fussball-Nationalspieler - Das Lexikon" (Jürgen Bitter, Sportverlag Berlin, 1997) erstreckt sich der Eintrag über Walter Hempel immerhin insgesamt fast über eine Seite. Denn es gibt da dann doch noch so einiges zu berichten....
Zum Beispiel erfährt man, daß der kleine Walter zehn Jahre alt war, als er "den unförmigen Ball aus zusammengenähten Lederstücken bearbeitete." In der Mannschaft der 3. Realschule Leipzig. Mit 13 meldet er sich dann beim FC Sportfreunde Leipzig an. Summasumarum müsste dies also genau im Jahre 1900 passiert sein. Just in jenem Jahr, als die Vertreter von 86 Vereinen in seiner Heimatstadt, im Leipziger Mariengarten, den Deutschen Fussball Bund gründen. Im Gegensatz zu fünf anderen Leipziger Vereinen gehören die Sportfreunde übrigens nicht zu den Gründervätern, sie sind ebenfalls erst 1900 gegründet. Weil er im August Geburtstag hat, kann auch schon das Jahr 1901 ins Land gezogen sein, als Walter Hempel dazustößt.
Weitere sieben Jahre später erhält Walter Hempel auf dieselbe Weise wie die ihm bis dahin gänzlich unbekannten zehn Mannschaftskameraden die Einladung zur Reise nach Basel vom DFB. Auf dem beschriebenen Foto vor der Tribüne ist der jetzt bald 21jährige einer der vier Spieler mit Oberlippenbart.
Von der dritten in die erste Liga durchmarschiert, ist der gute Walter mit seinen Sportfreunden trotzdem noch nicht so weit rumgekommen. Von einer Deutschen Meisterschafts-Endrunde ganz zu schweigen. Denn in seiner Heimatstadt dominiert in den Jahren zuvor und danach der zweifache, später dreifache, deutsche Meister aus Probstheida, der VfB Leipzig. 1908 nimmt ausserdem Wacker Leipzig an der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft teil. Im regionalen Spielbetrieb sind die Zuschauerzahlen seinerzeit noch überschaubar. Er hat also allen Grund, sich über den großen Andrang bei diesem Länder-Wettkampf zu wundern. 4 000 Schaulustige bei einem Fussballspiel, so etwas kennt er bislang noch nicht.
„Hempel fehlt der befreiende Stoß.“, so das Urteil anderntags in der Zeitung. Dabei hat er sogar die Vorarbeit zur 1:0-Führung durch Fritz Becker geleistet..
Es dauert fast auf den Tag genau zwei Jahre, bis er wieder zu einem Länderspiel eingeladen wird. Wieder führt ihn der Weg nach Basel und diesmal werden die Eidgenossen mit 3:2 bezwungen. Noch ein Jahr später gehört er zu den elf, die den ersten Punktgewinn gegen England erzielen. 2:2 (0:1) heißt das stolze Ergebnis im dritten Spiel gegen die Vertretung aus dem Mutterland des Fussballs. Ernst Möller von Holstein Kiel versetzt mit zwei Toren die 10 000 Berliner Zuschauer in helle Begeisterung. An solche Massen dürfte sich Walter Hempel inzwischen gewöhnt haben.
Wenn nicht, hat er bei der Olympiade in Stockholm dazu Gelegenheit, zu der der Deutsche Fussball-Bund seine Auswahl entsenden darf. Sein letztes Spiel im Nationaltrikot ist nämlich das legendäre 16:0 (8:0) in Rasunda am 1. Juli 1912 gegen die Vertretung Russlands in der Trostrunde des Olympischen Fussballturniers. „Poldi“, „Schweini“ und "Miro" schaffen Jahrzehnte später in Seravalle „nur“ 13 und so bleibt es der höchste (Pflichtspiel-) Sieg aller Zeiten einer Deutschen Fussball-Nationalmannschaft.
„Neun Repräsentativ-Spiele für den Verband Mitteldeutscher Ballspielvereine und etliche Begegnungen im Trikot des Gaues Nordwestsachsen“ finden in besagtem Lexikon ebenfalls Erwähnung. Ausserdem die Anekdote, dass Walter Hempel, sich in seinen jungen Jahren „James“ genannt habe, um den „drakonischen Strafen“ seiner Schulbehörde zu entgehen. Fussball galt den Herren Studienräten um die Jahrhundertwende in der Regel als „Englische Krankheit“ und die Pennäler mussten sich so manches einfallen lassen, wenn sie ihrem Sport fröhnen wollten.
„Gestorben im Dezember 1939“ wird im Lexikon angegeben. Nach Wikipedia war es dagegen entweder der 10. Januar oder der 10. Februar 1940.
Vielleicht angestachelt durch die vielen Eindrücke im Nationaltrikot, verdiente er seinen Lebensunterhalt jedenfalls als „Reisender“.
[ Editiert von nuvoletta am 22.11.07 16:10 ]
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
Ernst Jordan vom FuCC Cricket-Viktoria 1897 Magdeburg
*18. Mai 1883
einziges Länderspiel am 5. 4. 1908 gegen die Schweiz
Zunächst einmal gilt es zu klären, daß um die Jahrhundertwende in der heutigen Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt zwei Vereine mit dem Namen Viktoria entstanden. Der Verein, bei dem Ernst Jordan wahlweise auch auf der linken Abwehrseite spielte, ist nicht identisch mit dem am 15. Juni 1896 (!) gegründeten Magdeburger FC Viktoria 1896. Sondern entstand am 16. Juni 1897 durch eine Fusion der beiden Vereine FC Gut Stoß Magdeburg und FuCC Regatta Magdeburg.
Beide Vereine gehören zu den Gründervereinen des DFB.
Der Verein ohne "Cricket" im Namen, also der von 1896, gewann von 1900/01 bis 1908/09 ununterbrochen die Meisterschaft seines Bezirkes und nahm ab der ersten ausgespielten Deutschen Meisterschaft 1903 bis 1905 an der Endrunde teil. Mit der Spielzeit 1909/10 wurde er von den "Cricketern" abgelöst. Die ihre Position bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs verteidigten.
In den Zwanzigern werden die "Cricketer" noch zweimal Meister des Gau Mittelelbe, die 1. Spielklasse im Verband Mitteldeutscher Ballspielvereine. 1933/34 gelingt ihnen nach langen Jahren der Zweitklassigkeit der Aufstieg in die Gauliga.
Beide Vereine teilen sich mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Schicksal verboten und aufgelöst zu werden.
Soweit also ein kurzer, in diesem Zusammenhang meiner Ansicht nach unerlässlicher Überblick über die Fussballgeschichte Magdeburgs.
Doch kommen wir endlich zu Ernst Jordan. Der eigentlich Ernst (Jordan?) Langmeier heißt. Ob er seinen Nachnamen, warum auch immer, ersetzt hat, oder vielleicht auch einfach wegkürzte, ergibt sich aus den Quellen nicht. Unter dem Namen Ernst Jordan wird er jedenfalls in der DFB-Statistik als Nationalspieler geführt.
In den Tagen eines Ernst Jordan tragen die "Cricketer" ihre Heimspiele in der Regel am „Großen Cracauer Anger“ aus. Gelegentlich auch auf dem „Kleinen Cracauer Anger“. An den Wochentagen wird die "Sternwiese" genutzt.
Auf dem Platz in Basel findet sich Ernst Jordan nicht zurecht, der Dauerregen wird sein Verhängnis. Im Spielverlauf rutscht er immer wieder auf dem nassen Rasen aus und wird von den Kritikern als "sehr schlecht" eingestuft.....
Nachdem Deutschland durch Fritz Becker in Führung gegangen ist, gleicht ausgerechnet ein Mann namens Kämpfer für die Eidgenossen in der 21. Minute aus....
Und in der 28. Minute des ersten Länderspiels einer deutschen Fussball-Nationalmannschaft wird ihr rechter Verteidiger zum ersten Eigentorschützen. Bringt damit seine Mannschaft auf die Verliererstraße. Die Formulierung, damit geht die Länderspielpremiere über den Jordan, drängt sich einem geradezu auf....
Ein Mann namens Pfeiffer ("mit drei 'f ' ") erhöht vier Minuten später zum 3:1-Pausenstand....
Ernst Jordan, der hauptberuflich als Dekorateur tätig ist, erhält nie wieder eine Einladung vom DFB....
Sein weiterer Lebensweg wird auch nicht verfolgt, daher ist sogar das Jahr seines Todes nirgendwo verzeichnet....
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
einziges Länderspiel am 5. 4. 1908 gegen die Schweiz
In der Kreisliga A im Raum Köln findet man heute den einst ruhmreichen VfL Köln 1899. Es ist der erste und damit auch der älteste Fußball-Club der Domstadt und hat seine neue Heimat 2002 in der Bezirkssportanlage Weidenpesch gefunden. Davor war er 99 Jahre lang wenige hundert Meter weiter im traditionsreichen Weidenpescher Park zu Hause, unmittelbar neben der Kölner Pferderennbahn.
Gegründet wurde der Verein am 6. Mai 1899 als Internationaler Fußball-Club Köln, er erhielt aber noch im Jahr seiner Gründung den Namen, den er sehr wahrscheinlich auch zu Zeiten eines Karl Ludwig führt. Zur Gründung des DFB nach Leipzig entsendet er keinen Vertreter.
*Kölner Fussballvereine fusionieren und fusionieren, davon bildet auch dieser keine Ausnahme. Ein wer wann mit wem erspare ich mir an dieser Stelle, weil es in dem Zusammenhang auch unerheblich ist. Jedenfalls kennt man den Verein eine Weile auch als Kölner Sport-Club von 1899. Was offenbar auch ein bisschen die Biografie von Karl Ludwig bzw. seine erhobenen Daten beim DFB beeinflußt. Die Quellen sind sich nicht ganz einig, ob Karl Ludwig's Stammverein an jenem regnerischen Apriltag in Basel gerade "Fußball-Club" oder "Sport-Club" heißt. Am 16. Mai 1910, als der spätere DFB Präsident Peter Joseph, genannt "Peco", Bauwens sein einziges Länderspiel gegen eine Auswahl aus Belgien bestreitet, wird dessen Stammverein als Kölner Sport-Club von 1899 angegeben. (Der gebürtige Kölner hatte einen nur geringen Teil seiner Jugend in Berlin verbracht hat und spielte dort, wie erwähnt, mit Fritz Baumgarten bei Tennis Borussia zusammen.) Am 13. Juli 1937 bekommt der VfL Köln 1899 im Festsaal der Wolkenburg seinen noch heute gültigen Namen. Insgesamt vier mal darf er als Gaumeister um die begehrte Viktoria mitspielen. Am 8. Juni 1941 scheitert der VfL erst im Halbfinale um die Deutsche Fussballmeisterschaft in Düsseldorf gegen den FC Schalke 04 mit 1:4. 1944 bildet er mit der SpVgg Sülz 07, ein Teil des späteren 1. FC Köln, eine der zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebs notwendig gewordenen Kriegssportgemeinschaften und scheitert gegen eine andere KSG aus Duisburg in der Vorrunde mit 0:2. Mit den Fünfzigern beginnt sein Niedergang....
"Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit, der Kronprinz Wilhelm, läßt den Kölner Fußballclub 1899 zu seinem jüngsten Erfolg in Paris zu beglückwünschen...."
Am 4. November 1904 kehren die Rheinländer, ein Jahr zuvor auch schon Westdeutscher Meister, erfolgreich aus Paris zurück, haben dort gegen Racing ein Freundschaftsspiel gewonnen. Und selbst der Thronfolger gratuliert. Vielleicht auch weil die Kaiserglocke im geradezu majestätischen Kölner Dom aus eroberten französischen Geschützen gegossen wurde und Siege gegen den "Erbfeind" auch noch ein knappes Vierteljahrhundert später etwas Besonderes sind. Zwei Jahre später werden die Männer in ihren gestreiften Trikots erneut Westdeutscher Meister und erreichen sogar die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft. Unterliegen aber in der Vorrunde dem 1. FC Pforzheim mit 2:4 nach Verlängerung.
All diese Erfolge hat Karl Ludwig also schon hinter sich, als er das gestreifte für einen Tag gegen das Trikot mit dem Reichsadler auf der Brust vertauscht.
Der dunkelblonde Mann mit dem Schnauzbart ist Kaufmann von Beruf und bislang nur dem Mannschaftskapitän aus Pforzheim vor zwei Jahren begegnet, der jetzt neben ihm in der Mitte spielt. Die anderen Auserwählten kennt er nicht. Auch nicht den Hamburger, der auf der linken Seite sein Pendant darstellt.
Großartig zu schulden kommen läßt er sich wohl nichts, denn es bleibt keine böse Kritik über ihn seiner Nachwelt erhalten. Trotzdem ist auch seine Nationalmannschafts-Karriere nur sehr kurz.
Den Niedergang seines ruhmreichen Vereins mitzuerleben, bleibt ihm erspart. Er stirbt am 3. Februar 1948. In St. Moritz sind da gerade die Olympischen Winterspiele zugange, von denen Deutschland und Japan ausgeschlossen wurden. Die Schwedische Langlaufstaffel und vier Eisschnellläufer, drei aus Norwegen, einer aus Schweden, gewinnen an diesem Tag Gold. Zehn Tage später fusionieren der Kölner BC 01 und SpVgg Sülz 07 zum 1. FC Köln. Der Beginn einer neuen Ära....
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
Wenn so ein waschechter Hamburger Jung freimütig zugibt, öfter mal zu “Vicky” zu gehen, muß das nicht unbedingt was Schlimmes bedeuten. Denn was man den Hamburgern lassen muß, HSVer wie St. Paulianer gleichermassen, soweit sie aus der zweitgrößten Stadt Deutschlands an der Elbe kommen, sie vergessen ihre altehrwürdigen Traditionsvereine nicht. Nicht Wenige tragen neben der Raute bzw. dem Totenkopf noch mindestens einen zweiten Fussballclub im Herzen. In der Regel den, der in ihrem Stadtteil beheimatet ist.
„Vicky“, die seit dem 10. Juni 1908 offiziell SC Victoria Hamburg heisst, ist in Eimsbüttel zu Hause, genauer gesagt im Stadtteil Hoheluft-West im heute 8 000 Zuschauer fassenden Stadion Hoheluft. Die Vereinsfarben sind blau und gelb. Bundesweite Aufmerksamkeit erregte „Sie“ am 5. August 2007, als der Gewinner des Oddset-Pokals in der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde den amtierenden Pokalsieger 1. FC Nürnberg empfangen durfte. Davor kannten „Sie“ sehr stark Fussballinteressierte allenfalls als Stammverein von Stefan Effenberg und Walter Junghans. Denn „Ihre“ besten Jahre sind längst schon vorbei….
Nach dem FC Altona 93 sowie dem HSV-Vorläufer Germania 1887 ist der FC Victoria der dritte Vertreter des Hamburg-Altonaer Fussballbundes, der an der Endrunde zur Deutschen Fussballmeisterschaft teilnimmt. Dem noch amtierenden Meister Union 92 Berlin unterliegt man in der Vorrunde 1906 mit 1:3. Ein Jahr später wird dafür der Düsseldorfer FC 99 mit 8:1 zurück an den Rhein geschickt. Im Halbfinale ist es wieder ein Verein aus Berlin, diesmal die Viktoria mit „k“, dem die Victoria mit „c“ 1:4 unterliegt.
Alex Frankenthal in der Abwehr und Hans Weymar im Mittelfeld heissen in diesen Jahren zwei Stützen der Mannschaft. Ersterer muß jedoch zeitlebens auf das Gefühl, den Reichsadler auf der Brust zu tragen, verzichten. Was Hans Weymar, der eine Einladung nach Basel erhält, sehr erstaunt. Seiner Ansicht nach hätte eher der Mannschaftskamerad diese Auszeichnung verdient. Zusammen mit dem ebenfalls aus Hamburg stammenden Spielausschuß-Vorsitzenden Hugo E. Kubaseck tritt er jedoch die beschwerliche Reise mit dem Zug an.
Zwei Wochen später ist er in Berlin gegen die Engländer dabei und hat anschliessend im Juni, wie schon erwähnt, große Mühe, rechtzeitig zum Spiel nach Wien zu kommen.
Zu seinem letzten Auftritt in der Nationalmannschaft muss er dafür nicht ganz so weit reisen, sondern nur nach Kleve. Dort empfängt die deutsche Auswahl am 16. Oktober 1910 eine Vertretung aus dem Nachbarland Niederlande. Es ist bereits das zehnte Länderspiel und schon die zweite Auflage des späteren Klassikers. Im April hatte die deutsche Elf in Arnheim eine 2:4-Niederlage einstecken müssen. Auch in Kleve reicht es nicht zum Sieg. Vor 10 000 Zuschauern steht das Ergebnis bereits zur Halbzeit fest, 1:2. Richard Queck von Eintracht Braunschweig, der einzige Nationalspieler in der Geschichte des DFB mit einem „Q“ am Anfang, erzielt in der 25. Minute immerhin den Anschlusstreffer.
Im Gegensatz zu seinem Namensvetter Hans Albers, bleibt Hans Weymar seiner Heimatstadt Hamburg ein Leben lang treu. Bis 1917 trägt er noch das Trikot seiner „Vicky“. Die 1943 noch einmal als Meister der Sportbereichsklasse Hamburg an der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft teilnimmt , aber Eintracht Braunschweig in der Vorrunde mit 1:5 unterliegt. Das Einkommen für sich und seine Familie sichert er sich als Kaufmann.
Im Alter von 73 erleidet er auf dem Tennisplatz einen Herzinfarkt und stirbt am 10. Juli 1959. Am 1. des Monats war Heinrich Lübke gerade zum neuen Bundespräsidenten gewählt worden.
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
einziges Länderspiel am 5. 4. 1908 gegen die Schweiz
Der Geburtsort von Gustav Hensel schrieb sich bis 1926 mit einem "C" am Beginn. Seinen Verein kennen wir, seit seiner Neugründung am 3. Februar 1998, heute wieder als KSV Hessen Kassel. Nachdem der in Konkurs gegangene FC Hessen Kassel am 24. November 1997 aus dem Vereinsregister gelöscht wurde. Seine Wurzeln reichen eigentlich schon ins Jahr 1893, als am 3. Juli der FC Union 93 Cassel gegründet wird. Zwei Jahre später fusioniert der mit dem FC Hassia 93 Cassel und fügt dem Casseler FV die jetzt aktuelle Jahreszahl hinzu. Über die folgenden Jahrzehnte hinweg wird immer wieder mal fusioniert und es ändert sich der Vereinsname. Am Geläufigsten dürfte der Name SV Kurhessen Kassel sein, für den Heinrich Weber zwischen 1928 und 1931 zwölf Länderspiele bestreitet. Am 23. November 1947 schließlich bekommt die Stadt hren Kasseler Sport Verein Hessen Kassel.
Aber das erlebt der Mann, der neben Walter Hempel ebenfalls am Führungstor beteiligt ist und danach trotzdem keine Berücksichtigung mehr beim DFB findet, schon gar nicht mehr. Auch nicht die, wenn auch vergleichsweise bescheidenen Erfolge des KSV. Die erst in den Fünfzigern ihren Beginn haben und mit Karl-Heinz Metzner, dem dritten Nationalspieler, den der Verein hervorbringt, verbunden sind. Ein Mann, der nach seinen beiden Einsätzen gegen Spanien und das Saarland immerhin den Geist von Spiez erlebt hat und den Helden von Bern auf der Ersatzbank die Daumen hält...
Als Weinhändler verschlägt es Gustav Hensel nach Bremen und dort stirbt er am 29. August 1933. Einen Tag später wird im tschechischen Marienbad der deutsche Philosoph Theodor Lessing von einem Nationalsozialisten erschossen.
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
Der Düsseldorfer Sportverein 04 Lierenfeld, wie der Verein heute offiziell heißt, begrüßt seine Gäste in der Ernst-Poensgen-Kampfbahn am Wilhelm-Heinrich-Weg, unweit der U-Bahn-Haltestelle "Betriebshof Lierenfeld" und spielt dort um Punkte in der Bezirksliga. Vor gut zehn Jahren war dieser Verein immerhin einmal die Nummer 2 in der Stadt am Rhein, hinter der Fortuna, und der Schreiber dieser Zeilen weilte dort an einem Sonntag Nachmittag um halb Drei, es war wohl um Ostern herum, zu einem Heimspiel gegen die Spfr. Hamborn 07. Carl Albert Ernst Poensgen war ein deutscher Industrieller und Mäzen der Stadt Düsseldorf. Die nach ihm benannte Kampfbahn ließ er 1937 errichten, nicht sein einziger Verdienst um den Sport in seiner Geburtsstadt.
Ob Uwe Seeler oder Olaf Thon, und Lukas Podolski sowieso, alle hatten sie ihren 18. Geburtstag bereits hinter sich, als sie in der Nationalmannschaft debutierten. Willy Baumgärtner hingegen nicht. Er ist 17 Jahre 3 Monate und 13 Tage alt, als er der erste Linksaußen Deutschlands wird. Bis heute ist er der jüngste Nationalspieler in der Geschichte des DFB.
Anscheinend macht er seine Sache dafür recht ordentlich. Denn er wird noch weitere drei Mal eingeladen und avanciert damit vorübergehend sogar zum Rekord-Nationalspieler. Er gehört vierzehn Tage später zum Aufgebot, das in Berlin gegen England antritt und fährt im Juni mit nach Wien.
Als im März 1909 die deutschen Nationalspieler etwas blaß um die Nase dem Schiff entsteigen, mit dem sie auf die britische Insel übergesetzt sind, empfängt Willy Baumgärtner sie dort. Er lebt vorübergehend in London und deshalb bleibt ihm diese offenbar sehr raue Überfahrt erspart. In der englischen Universitätsstadt Oxford hat die DFB-Auswahl keine Chance und geht mit 0:9 unter, der Halbzeitstand ist nicht überliefert. Dabei steht in dieser Mannschaft immerhin auch ein Camillo Ugi, Deutscher Meister mit dem VfB Leipzig. Nach seinen Gastspielen beim SC Germânia São Paulo sowie bei Olympique Marseille eigentlich ein weitgereister Mann und immerhin Deutschlands erster Legionär. Das in einer Zeit, in der noch alle Welt mit dem Schiff die Kontinente überquert, weil die Fliegerei noch in den Kinderschuhen steckt. Ein Adolf Jäger spielt im Sturm. Seine Heimatstadt Altona gilt in jenen Jahren noch als „Hamburgs schöne Schwester“, erst 1937 wird sie eingemeindet. Neben ihm spielt Hermann Garrn von „Vicky“. Adsch Werner von Holstein Kiel im deutschen Tor bekommt von der englischen Presse sogar noch recht annehmbare Kritiken. Man möchte meinen, dass all diese Männer die See zumindest schon mal gesehen haben….
Nach seiner Rückkehr aus London spielt Willy Baumgärtner noch bis 1923 für den SV 04 Düsseldorf. In den Dreißigern verliert sich plötzlich seine Spur und er gilt als verschollen. Dann wird bekannt, dass der immer noch dem Fussball Verbundene zu den Gründungsmitgliedern des BSC São Paulo gehört.
In der brasilianischen Metropole verstirbt er auch am 16. November 1953. Sechs Tage später schiesst Max Morlock vor 76 000 Zuschauern in Hamburg zwei Tore. Die Brüder Otmar und Fritz Walter sowie Helmut Rahn jeweils noch eins. Norwegen wird mit 5:1 im Qualifikationsspiel zur WM 1954 geschlagen. Im darauf folgenden März wird das noch eigenständige Saarland ein zweites Mal besiegt und Deutschland qualifziert sich für das WM-Turnier in der Schweiz….
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
Gar nicht weit weg von der Heimat der Stuttgarter Kickers, dem neumodisch genannten „GAZi-Stadion auf der Waldau“ in Stuttgart-Degerloch, trifft man auf dem Weg von oder zur S-Bahn fast zwangsläufig auf einen weiteren altehrwürdigen Stuttgarter Traditionsverein. Im Sportzentrum Waldau spielen „Die Grünen“ um Punkte in der Kreisliga A. Weil dieser Verein seine Wurzeln nicht nur im Fussball, sondern auch im Turnen hat, und in diesem Sport auf eine Tradition bis ins Jahr 1874 zurückblicken kann, heißt er seit dem 9. April 1987 Sportfreunde Stuttgart 1874. Bis dahin hat er, wie so viele andere Vereine, eine Reihe von Fusionen und Umbenennungen durchlebt. Letztmals erstklassig waren die Sportfreunde in der Saison 1947/48, als die Oberliga Süd in ihre dritte Spielzeit ging. Als Tabellenletzter stiegen sie postwendend wieder ab. Wie übrigens auch zwei der drei anderen Aufsteiger, Rot-Weiß Frankfurt und FC Wacker München, nur der VfB Mühlburg hielt die Klasse.
Deutscher Vizemeister 1908 werden die Stuttgarter Cickers, so die damalige Schreibweise. Aber den Sportfreunden gebührt die Ehre, den ersten Fussball-Nationalspieler ihrer Heimatstadt zu stellen.
Im Gegensatz zu vielleicht manch anderem ist die Nominierung von Eugen Kipp auch unumstritten. Schon als 16jähriger spielte er zum ersten Mal für den FC Karlsvorstadt, einem Vorläufer der Sportfreunde. Mit seinen 23 Jahren gilt er jetzt als stärkster Fussballer der schwäbischen Region. Der Mann mit dem schmalen Oberlippenbart ärgert sich sehr über die Niederlage in Basel, vielleicht auch, weil ihm kein Tor gelingt.
Zwei Wochen später in Berlin ist er dann auch erstmal nicht dabei, sondern erst wieder in Wien. Erneut gelingt ihm kein Tor. Sein erstes Tor für die Nationalmannschaft bedeutet dafür aber auch gleich den ersten Sieg. Es ist das schon erwähnte 1:0 gegen die Schweiz in Karlsruhe am 4. April 1909, also fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem ersten Länderspiel. Seine Treffer 2 und 3 folgen wiederum ein Jahr später, am 3. April 1910, der Gegner heißt Schweiz und wird diesmal in Basel mit 3:2 besiegt. Überhaupt werden die Eidgenossen sein Lieblingsgegner. Ansonsten gönnt er nur den Holländern, den Schweden und den Ungarn jeweils eines seiner insgesamt 9 Tore. Bei der Olympiade 1912 gelingt ihm keines, Deutschland scheidet mit 1:5 gegen Österreich aus, beim 16:0 in der Trostrunde gegen Russland ist er nicht dabei. Sein letztes schiesst er am 18. Mai 1913 vor 10 000 Zuschauern in Freiburg in der 43. Minute. Es bedeutet leider nur den Anschlusstreffer bei der 1:2-Niederlage gegen die Schweiz. Inzwischen ist er Mannschaftskapitän und Rekord-Nationalspieler.
Außerdem wechselt er in diesem Jahr auch zum Lokalrivalen Stuttgarter Cickers und wird dort Süddeutscher Meister. Muß aber gegen den späteren Deutschen Vizemeister Duisburger SV eine 1:2-Niederlage hinnehmen.
Am 23. November 1913 spielt er in Antwerpen gegen Belgien ein letztes Mal für Deutschland. Vor 6 000 Zuschauern erlebt die DFB-Auswahl dort ein Waterloo und unterliegt mit 2:6 (0:4). Aber das ist noch lange nicht das Schlimmste, was ihm in Belgien widerfährt….
Schon ein halbes Jahr später befindet sich die Welt mitten im Krieg und im Sommer des Jahres 1915 erhält der Kanzleisekretär seinen Einberufungsbefehl ausgerechnet nach Flandern. Bei Ypern wird er schwer verwundet. Das rechte Bein muß ihm oberhalb des Knies amputiert werden, ausserdem laboriert er an Bajonettstichen im Kiefer und in der Schulter. Der Reichsbund für Leibesübungen ehrt ihn als einzigen neben Adolf Jäger mit seiner höchsten Auszeichnung, der Adler-Plakette.
Als Trainer eher glücklos, stirbt Eugen Kipp am 10. November 1931 an den Spätfolgen seiner Amputation.
Zu diesem Zeitpunkt spielt sein 19jähriger Sohn, der ebenfalls Eugen heißt, bei den Stuttgarter Kickers. Der kehrt, nachdem er für fünf Jahre beim FC Bern eine fussballerische Heimat gefunden hat, zum Degerloch zurück und erreicht mit den Blauen als Gaumeister viermal hintereinander die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft. Seine Karriere beendet der Bauingenieur in der Saison 1947/48, in der die Kickers und die Sportfreunde ein letztes mal beide gemeinsam erstklassig spielen….
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04
Mit diesem Mann ist es an der Zeit, die zweite Halbzeit des Spiels einzuläuten. Wir erinnern uns, es steht 1:3 gegen Deutschland. Sieben Minuten nach Wiederanpfiff gelingt Fritz Förderer, der kurz zuvor vom FC Germania zum Karlsruher FV gewechselt ist, der Anschlusstreffer. Er wird auch zwei Wochen später in Berlin das Tor gegen England schiessen. Zwanzig Jahre und ein paar Monate ist er zu diesem Zeitpunkt alt und hat seine ganz großen Tage im Fussball noch vor sich. Noch Generationen später weiß alle Welt, wer gemeint ist, wenn vom „Frieder“ die Rede ist. Nicht nur in Karlsruhe und Umgebung. Er gilt als „Ballzauberer“, der wegen seiner Schußkraft, seiner Dribbelkunst und Explosivität herausragt und Temperament und Spielintelligenz zu vereinen versteht….
Den Karlsruher FV gibt es seit Juli dieses Jahres wieder im Vereinsregister bzw. er wurde nie gelöscht. Seine Vereinsfarben sind rot und schwarz. Der Deutsche Meister von 1910 spielt um Punkte in der C-Klasse, nachdem vor drei Jahren aus finanziellen Gründen der Spielbetrieb eingestellt werden musste. Erstmals gegründet wurde der Verein am 10. Oktober 1891. Selbstverständlich war er an der Gründung des DFB beteiligt, stellte er doch sogar von 1904 bis 1905 mit Friedrich Wilhelm Nohe den Präsidenten. Darüber hinaus gilt das Gründungsmitglied des Karlsruher FV Walther Bensemann, dem wir auch das Fussballfachblatt „kicker“ zu verdanken haben, als einer der Wegbereiter dieses ersten Länderspiels in Basel. Am 21. Mai 1905 unterliegt der Karlsruher FV am Weidenpescher Park in Köln im Finale um die Deutsche Meisterschaft mit 0:2 gegen Union 92 Berlin. Aber am 15. Mai 1910 schlägt das inzwischen von der britischen Trainer-Legende William Townley geformte „Dream Team“ dafür an gleicher Stelle Holstein Kiel mit 1:0. Max Breunig, der in der Folge zum Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft avanciert, verwandelt in der zweiten Verlängerung einen Elfmeter. Allerdings mussten die Rot-Schwarzen ein Jahr zuvor ausgerechnet dem Lokalrivalen FC Phönix Karlsruhe den Vortritt lassen, wofür sie sich aber im Halbfinale 1910 mit 2:1 revanchieren, und sind somit schon der zweite Deutsche Meister aus der Residenz der badischen Großherzöge. Am 26. Mai 1912 treffen sich Holstein Kiel und der Karlsruher FV erneut im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft, diesmal auf dem Victoria-Sportplatz Hoheluft in Hamburg, und das Spiel nimmt einen umgekehrten Verlauf, 1:0 für die „Störche“. Bis dahin ist der Karlsruher FV seit 1901 zum achten Mal Süddeutscher Meister geworden. Dauert es nach dem Ersten Weltkrieg ohnehin etwas länger bis die Hauptstadt des Freistaates Baden wieder bessere Fussballtage sieht, für den Karlsruher FV geht die ganz glorreiche Zeit mit diesem Finale unwiderruflich zu Ende. In den Zwanzigern und Dreißigern gelingt es noch halbwegs, den Lokalrivalen FC Phönix und VfB Mühlburg Paroli zu bieten. Als nach dem Zweiten Weltkrieg zur Saison 1945/46 die Oberliga Süd ihren Spielbetrieb aufnimmt, bildet der Karlsruher FV am Saisonende das Schlusslicht hinter dem FC Phönix. Die Liga wird von 16 auf 20 Vereine aufgestockt, aber schon ein Jahr später folgt wiederum als Tabellenletzter der endgültige Abstieg. Am 16. Oktober 1952 fusionieren der FC Phönix und der VfB Mühlburg zum Karlsruher Sport-Club Mühlburg-Phönix, so noch heute der vollständige Name des KSC. Der KFV, obwohl dazu eingeladen, schliesst sich dieser Fusion nicht an. Fünf Jahre später folgt der Abstieg aus der 2. Liga Süd. Ab 1976 führt der Weg von der Amateurliga Nordbaden bis hinab in die B-Klasse. Im Oktober 2004 wird der Karlsruher FV vom Badischen Fußballverband mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb ausgeschlossen, da er die finanziellen Auflagen nicht mehr erfüllen kann. Mit der Wiederaufnahme in den Spielbetrieb verbindet sich auch ein Umzug auf das Gelände eines Gehörlosenzentrums. Die fast hundert Jahre alte Heimat, „Der Platz“ bzw. „Das Stadion an der Telegraphenkaserne“, bis dahin eines der ältesten noch erhaltenen Fussballplätze Deutschlands, fiel im Juni 2006 der Abrissbirne zum Opfer. Der Verein zählt derzeit etwa 75 Mitglieder (Stand August 2007), darunter auch der einzige noch lebende Nationalspieler des KFV, Kurt Ehrmann, Teilnehmer an der Olympiade 1952 in Helsinki mit der Olympia-Auswahl des DFB.
Christian Pander ist bislang der letzte, Fritz Förderer für den DFB der erste Spieler, dem ein Tor gegen England gelingt. Es ist der Ausgleich in der 20. Minute in Berlin-Mariendorf. Folgt man der Chronologie der Football-Associaton, so ist erst 22 Jahre später der Dresdner Richard Hofmann der erste Deutsche. Der schiesst am 10. Mai 1930 vor 50 000 Zuschauern im Berliner Grunewaldstadion sogar gleich alle drei deutschen Tore zum 3:3 und bekommt den Beinamen „König Richard“ verliehen, in Anlehnung an den legendären Kreuzfahrer-König. Erst in diesem, für den DFB schon fünften, Aufeinandertreffen treten die Engländer mit allem auf, was bei ihnen zu Hause Rang und Namen hat.
Am ersten Sieg einer Deutschen Nationalmannschaft überhaupt, dem 1:0 gegen die Schweiz, ist Fritz Förderer beteiligt. Selbstverständlich, möchte man fast sagen, findet das Spiel doch gewissermassen in seinem „Wohnzimmer“ statt, auf dem „Platz an der Telegraphenkaserne“, wo der KFV seine Heimspiele austrägt. Die Seereise nach Oxford blieb ihm zuvor erspart, ebenso eine Reise nach Budapest gegen Ungarn, wo immerhin ein 3:3 Unentschieden erreicht wurde. Das Länderspieljahr 1910 mit immerhin vier Spielen fehlt ihm komplett.
Zum 6:2 gegen die Schweiz am 26. März 1911 vor 8 000, mutmasslich geradezu hingerissenen, Zuschauern, in Stuttgart steuert Fritz Förderer das 4:1 in der 78. und das 5:2 in der 89. Minute bei. Zum ersten Mal steht kein zusammengewürfelter Haufen aus allen Teilen des Landes auf dem Platz, sondern mit Ernst Hollstein, Julius Hirsch, Max Breunig, der mit einem Elfmeter das 2:0 erzielt, dem ebenfalls zweifachen Torschützen Gottfried Fuchs und dem Frieder gleich fünf Spieler vom amtierenden Deutschen Meister Karlsruher FV. Blockbildung ist also das Geheimnis des Erfolges. Jahrzehnte später wird Deutschland damit zweimal Weltmeister. Eugen Kipp reiht sich mit dem 3:1 in die Torschützenliste ein….
Am 23. April 1911 erzielt Fritz Förderer vor 3000 Zuschauern in belgischen Lüttich den Ausgleich zum 1:1 in der 50. Minute, das Spiel endet mit einer 1:2 Niederlage.
Dem MTV 1879 München entstammten einst die Gründerväter des FC Bayern. Münchens noch heute größter Breitensportverein, der in verschiedenen Sportarten einen excellenten Ruf genießt und internationale Titel sammelt, seine Fussballer sind dagegen lediglich in der Kreisliga vertreten, erwarb just im Jahre 1910 einen 13 Tagwerk großen Sportplatz an der Marbachstraße im Stadtteil Sendling. Nachdem dort Duschen, Umkleiden und sogar eine Zuschauertribüne errichtet wurden, ist alles gerüstet für den ersten Fussball-Länderkampf in der bayerischen Landeshauptstadt. Etwa zur gleichen Zeit entsteht im Stadtteil Giesing auch der „Sechz’ger Platz“, aus dem in den Zwanziger Jahren das „Stadion an der Grünwalder Straße“, so der wohl populärste aller offiziellen Namen, die dieses Bauwerk im Lauf seiner Geschichte bekommt, wird. Aber der ist am 17. November 1911 eben genau nicht Schauplatz des 1:4 gegen Ungarn, sondern der heute längst verbaute Platz in Sendling*. Walter Borck vom MTV macht sein einziges Länderspiel, darf sich aber damit Münchens erster Fussballnational-Torwart** nennen. Nicht Fritz Förderer sondern Willy Worpitzky von Viktoria Berlin schießt das deutsche Tor. Dem liegen die Magyaren, denn er hat auch schon beim erwähnten 3:3 zweimal getroffen. Der zweifache Torschütze für Ungarn, Imre Schlosser-Lakatos, entwickelt sich wiederum zu Deutschlands Schreckgespenst, von ihm wird später noch einmal die Rede sein….
Beim 5:5 am 24. März 1912 in Zwolle gegen die Niederlande, ein weiterer Achtungserfolg, besteht der komplette deutsche Sturm aus fünf Karlsruher Spielern. Fritz Förderer, Julius Hirsch und Gottfried Fuchs vom Karlsruher FV, Karl Wegele und Emil Oberle vom FC Phönix. Auf der linken Abwehrseite steht Ernst Hollstein Im Mittelfeld absolviert mit Wilhelm Gros neben Max Breunig ein weiterer KFV-Spieler sein einziges Länderspiel. Bemerkenswerterweise wird die DFB-Auswahl vom holländischen Publikum mit lang anhaltendem Beifall und „Deutschland“-Rufen begrüßt. Heute undenkbar….
Am 1. Juli 1912 beim 16:0 gegen Russland gelingt Gottfried Fuchs vom Karlsruher FV wohl ein deutscher Rekord für die Ewigkeit, zehn Tore in einem Länderspiel. Jahrzehnte lang teilt er sich sogar den Weltrekord mit dem Dänen Sofus Nielsen, der bereits 1908 gegen Frankreich genauso oft getroffen hatte. (Erst der Socceroo Archie Thompson übertrifft beide am 11. April 2001 mit seinen 13 Toren beim 31:0 zwischen Australien und Amerikanisch Samoa.) Der russische Torwart Lev Ivanovitsch Favorsky träumt vermutlich die Nacht darauf vom badischen Sturmtrio Förderer, Fuchs und Oberle. Denn Fritz Förderer steuert vier weitere Treffer bei und Emil Oberle noch eines. Der einzige Nicht-Karlsruher unter den Torschützen heißt immerhin Karl mit Vornamen, mit Nachnamen Burger und stammt von der SpVgg Fürth. Für Burger und Oberle ist es übrigens jeweils der einzige Treffer im Nationaltrikot.
Zwei Tage später, es ist immer noch die Trostrunde bei der Olympiade 1912 in Stockholm, schießt Fritz Förderer sein letztes Tor im Nationaltrikot. Es ist wieder ein Anschlusstreffer, diesmal das 1:2 gegen Ungarn in der 56. Minute. Er unterbricht damit den nicht ganz so lupenreinen Hattrick von „Slozi“, dem magyarischen Schreckgespenst Schlosser-Lakatos, der vor der Halbzeit bereits zwei Tore geschossen hatte und in der 82. Minute noch einmal zum 1:3-Endstand trifft.
Zwei weitere Niederlagen reihen sich noch in die Länderspiel-Karriere vom „Frieder“ ein, zunächst ein 2:3 gegen die Niederlande in Leipzig. Mit einem 1:4 in Hamburg gegen Dänemark am 26. Oktober 1913 in Hamburg ist sie beschlossen. In einem Spiel um den Kronprinzenpokal am Nürnberger „Zabo“, jenem heute überbauten legendären alten Stadion des 1. FCN im Stadtteil Zerzabelshof, erleidet er anschließend einen Schienbeinbruch, der ihn in seiner Karriere entscheidend zurückwirft.
Seine beiden langjährigen Weggefährten Gottfried Fuchs und Julius „Juller“ Hirsch seien an dieser Stelle mehr als nur eine kurze Randnotiz wert, obwohl sie nicht zu den ersten elf Männern gehörten. Beide sind nämlich jüdischer Herkunft und erleiden später im sogenannten „Dritten Reich“ ein bitteres Schicksal. Wobei der Weltrekord-Torschütze noch vergleichsweise Glück hat. Über Paris und Großbritannien gelingt ihm mit seiner Familie noch rechtzeitig am 23. Mai 1940 die Flucht nach Kanada. Als die Nationalmannschaft als amtierender Weltmeister 1955 die Sowjetunion bereist, erhält er auf Anregung Sepp Herbergers eine Karte aus Moskau, in Gedenken an seine zehn Tore bei der Olympiade. Am 25. Februar 1972 verstirbt er in Montreal, Quebec und wird unter dem Namen Godfrey E. Fochs begraben. Zuvor erhält er noch die Einladung Herbergers zur Einweihung des Münchener Olympiastadions, bei der wiederum die Sowjetunion der Gegner ist. „Er war früher mein Idol. Er war Spielmacher und Torjäger in einer Person. Er war der Franz Beckenbauer meiner Jugendzeit.“, so ein überliefertes Zitat vom „Chef“. Der zweimalige Deutsche Meister, er gehört auch zur Meistermannschaft der SpVgg Fürth 1914, „Julius Israel Hirsch“, wie „Juller“ sich zuletzt zwangsweise nennen muß, wird am 1. März 1943 mit weiteren elf badischen Juden nach Ausschwitz deportiert. Sein letztes Lebenszeichen ist eine Karte aus Dortmund, datiert vom 3. März 1943, ein Geburtstagsgruß an seine Tochter Esther. Die als „Mischling ersten Grades“ zusammen mit ihrem Bruder Heinold später ebenfalls deportiert wird, in das KZ Theresienstadt, heute Terezin in Tschechien. Die Geschwister überleben. Als Todesdatum ihres Vaters gilt der 8. März 1945 gemäß Erklärung des Amtsgerichts Karlsruhe aus dem Jahre 1950. Am 13. September 2005 ruft der Deutsche Fußball Bund den Julius-Hirsch-Preis ins Leben. Er soll besonderen Einsatz für Toleranz und Menschenwürde, gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus auszeichnen. Erster Preisträger ist 2005 der FC Bayern München für die Veranstaltung des Match of Peace zwischen seinem U 17-Team und einer israelisch-palästinensischen Jugendauswahl des Peres Center for Peace. 2006 sind es die Fanprojekte vom FC Schalke 04 „Dem Ball is´ egal wer ihn tritt“ und von Borussia Dortmund „Kick racism out“.
Fritz Förderer verschlägt es nach dem Ersten Weltkrieg als Sportlehrer nach Halle an der Saale, wo er fortan für den VfL von 1896 seine Fussballstiefel schnürt. 1919 kehrt er als Gastspieler für einen internationalen Vergleich gegen den MTK Budapest noch einmal an seine alte Wirkungsstätte nach Karlsruhe zurück. Auf seinem „Platz an der Telegraphenkaserne“ bestreitet er als rechter Verteidiger sein letztes großes Spiel. Einmal mehr begegnet ihm dort sein guter alter Bekannter „Slozi“ Schlosser-Lakatos, das Schreckgespenst, der vier Jahre zuvor den grün-weißen Dress von Ferencvaros gegen das blau-weiß vom MTK getauscht hat. Das 0:1 gilt als achtbares Ergebnis, hat der ungarische Meister auf seiner Tournee doch zuvor schon in München, Fürth, Nürnberg und Stuttgart triumphiert.
Ein allerletzter Triumph gelingt dem Frieder mit der Mitteldeutschen Auswahl, die das Finale um den Kronprinzen-Pokal gegen Westdeutschland gewinnt. Danach wird er Trainer und arbeitet durchaus erfolgreich unter anderem beim TSV Schwaben Augsburg.
Die Debatte um die Fusion seines KFV mit Mühlburg und Phönix zum Karlsruher Großverein verfolgt er wohl noch aus der Ferne in Weimar, wo er seinen Lebensabend verbringt und zuletzt russische Militärmannschaften sowie eine Polizei-Auswahl trainiert. Am Nikolaus-Abend 1952 verstirbt er ziemlich genau einen Monat vor seinem 65. Geburtstag. Albert Schweitzer erhält vier Tage später den Friedensnobelpreis. Die DDR beschränkt noch im selben Monat die Reisefreiheit von Einzelpersonen auf einen Umkreis von 100 km.
*Anmerkung: Eine Information, mit der sich gegen Einheimische auf der Wies’n so manche Mass Bier gewinnen lässt. Inklusive der Allianz-Arena gab es in München schon vier Länderspiel-Schauplätze und nicht nur drei, wie viele glauben. Das Grünwalder Stadion, so der geläufige Name im Volksmund, musste auf seine Premiere übrigens noch fünfzehn Jahre warten und erlebte bis 1940 insgesamt drei Länderspiele gegen die Schweiz (12.12.1926, 2:3), Finnland (18.8.1935, 6:0) und Bulgarien (20.10.1940, 7:3). Aus heutiger Sicht unvorstellbare 32 Jahre zogen danach ins Land, ehe am 26. Mai 1972 das Münchner Publikum anlässlich der Eröffnung des nagelneuen Olympiastadions das bis dahin also fünfte Länderspiel sah, als die Auswahl der Sowjetunion zu Gast war und mit 4:1 besiegt wurde. (Drei Wochen später standen sich beide Mannschaften in Brüssel erneut gegenüber und Deutschland wurde nach einem 3:0 erstmals Europameister.)
**Anmerkung: Bereits am 16. Mai 1910, beim 0:3 gegen Belgien in Duisburg, hatte Max Gablonsky, in folgenden Länderspielen ein Mannschaftskamerad von Fritz Förderer, vom FC Bayern auf Rechtsaußen debütiert und wurde damit Münchens erster Nationalspieler. Anläßlich seiner Reise ins Ruhrgebiet lernte er die Tochter (s)eines Gastwirts kennen, die seine Frau wurde. 1922 zog es den vierfachen Nationalspieler und späteren Oberbaurat mit seiner Familie deswegen an die Wedau, wo er nach etwa 500 Spielen für den FC Bayern noch für den Duisburger SV weiter aktiv war. 1924 gehörte er zum Kader der deutschen 4 x 100 Meter-Staffel, aber Deutschland nahm an der Olympiade in Paris, wie auch schon 1920 in Antwerpen, nicht teil bzw. sollte oder durfte nicht teilnehmen. Im Zusammenhang mit seiner eigentlichen Berufskarriere standen ihm ausserdem gerade wichtige Prüfungen bevor. Die nächsten Nationalspieler des FC Bayern waren übrigens bereits Zeitgenossen, zum Teil auch Mannschaftskameraden, von Ernst Kuzorra. Mit der Information, dass ausgerechnet ein Bayern-Spieler als erster Münchener zu Nationalmannschaftsehren kam, gewinnt man natürlich heutzutage keine Mass Bier auf der Wies’n (das war in den Tagen eines Max Gablonsky aber so noch nicht absehbar), wohl aber hiermit: Neben dem MTV 1879 mit seiner Eintagsfliege als Torwart bereicherte selbstverständlich auch der FC Wacker (Heini Altvater, Sigmund Haringer), darüber hinaus sogar der Post SV München das Kontingent Münchner Nationalspieler. Der spätere „Löwe“ Max Hammerl bestritt sein einziges Länderspiel beim 7:3 gegen Bulgarien im Grünwalder Stadion. Macht also summasumarum stattliche fünf (!) Vereine, nicht nur zwei oder drei. Manche, vorwiegend ältere Münchner haben die Nationalspieler des FC Wacker durchaus noch in ihrem Gedächtnis, aber zählen vielleicht Hammerl als Sechziger, während Walter Borck den Allerwenigsten noch ein Begriff sein dürfte…
[ Editiert von nuvoletta am 30.11.07 21:47 ]
[ Editiert von nuvoletta am 30.11.07 21:48 ]
Einst die fixe Idee eines halbwüchsigen Schlosserlehrlings, heute DER GEILSTE CLUB DER WELT - FC SCHALKE 04